Die Software erlaubt mit ihrem „Custom Probes“-Menü auch die exakte Frequenz-Kompensation von anderen als den mitgelieferten Prüfspitzen. Es gibt also keine Entschuldigung für fehlenden Abgleich. Das macht man gleich am Anfang richtig!

AWG
Der im Modell 2208B MSO integrierte AWG (Arbitrary Waveform Generator) ist wirklich ein sehr nützliches Tool. Ich habe ihn dazu genutzt, ein sehr schwieriges aber unbeständiges Signal „nachzubauen“, das ich für eines meiner Instandsetzungsprojekte gut brauchen konnte. Dieses selten auftretende Signal mit seinen plötzlichen Spikes in der fallenden Flanke gelang mir sogar sehr gut „frei aus der Hand“ mit der PicoScope-AWG-Software. Nach dem dies unter der bezeichnenden Bezeichnung „nasty“ gespeichert war, speiste ich das jetzt aus dem Ausgang des 2208B MSO kommende spikehaltige Signal in die zu reparierende Elektronik ein. Dabei handelt es sich um einen röhrenbestückten Hochspannungs-Oszillator von Tektronix, der selbstoszillierend Signale bis zu 1,6 kV produziert. Die so gestützte Analyse förderte einen fehlerhaften Kondensator in der (Niederspannungs-) Frequenzsteuerung zu Tage. Außerdem hatte noch eine Triode einen Gitter-Leckstrom. Repariert. Danke Pico!

MSO und serieller Decoder

Bislang ist es mir nicht gelungen herauszufinden, wie der Begriff MSO für „Mixed Signal Oscilloscope“ in die Welt kam. Ein MSO ist angeblich die Kombination eines digitalen Oszilloskops mit einem Logic-Analyzer. Warum und wo diese Signalformen gemixt sein sollen, das erschließt sich mir nicht. Wäre „hybrid“ nicht besser, den es umfasst analog und digital? Es gab sicherlich Zeiten, als sogar ein analoges Oszilloskop z. B. acht digitale Kanäle gleichzeitig auf seinem Schirm abbilden konnte – nicht allzu schnell versteht sich. Und die Bildröhre musste auch ganz schön schnell sein.

Das Modell 2208B MSO ist mit einem leistungsfähigen 16-Kanal-Logic-Analyzer bestückt, den ich für diese kurze Besprechung nicht getestet habe. Doch sollte er bei dem guten Ruf von Pico ebenfalls ziemlich gut sein. Hierfür gibt es 20 Prüf-Clips: 16 davon für die Daten in roter und vier für Masse in schwarzer Farbe. Diese führen zu einem 20-poligen IDC-Stecker mit Verpolschutz, der in das 2208B MSO eingesteckt wird. Die einzelnen Litzen sind dabei passend zur Anzeige nummeriert (D0 bis D15 und 4 x GND).

Fazit
Über die Vor- und Nachteile von USB-Oszilloskopen gegenüber ihren kompletten Konkurrenten mit eingebautem Bildschirm streiten sich Geister und Experten. Zu diesem Streit will ich kein weiteres Kapitel beifügen. Ich kann lediglich sagen, dass ein USB-Oszilloskop dann eine gute Wahl ist, wenn ein PC auf dem Arbeitsplatz nicht weiter stört. Mir gefällt, dass man schon mit einem Laptop eine viel größere Anzeigefläche mit einer höheren Auflösung zur Verfügung hat als bei den in ein Tischgerät eingebauten Exemplaren. Außerdem hat man sofortigen Zugriff auf registrierte Signale und muss weder eine Datei exportieren noch mit USB-Sticks oder SD-Karten hantieren.

Mit diesem Oszilloskop und seinem eingebauten AWG benötigte ich lediglich einen Nachmittag, um einem vertrackten Fehler in einem Audioverstärker von Sony auf die Spur zu kommen. Es ist mir schon klar, dass ein Setting aus digitalem Oszilloskop, ein arbiträrem Funktionsgenerator und Laptop etwas heftig für einfache Signalverfolgungsaufgaben ist, doch dass alles verbunden und sofort einsatzbereit ist, wobei ich auch gleich den aus dem Internet heruntergeladenen Schaltplan des Verstärkers betrachten konnte, hat gegenüber einzelnen Messgeräten schon so seine Vorteile.

Auch wenn ich für diese Besprechung nicht alle Eigenschaften des PicoScope 2208B MSO beleuchten konnte, hat mich die Verwendung dieses Geräts absolut überzeugt. Die Verwendung ist leicht zu lernen und es zeigte sich tolerant gegenüber Bedienungsfehlern. Die Auto-Setup-Funktion rettet einen immer aus einem Schlamassel. Es gibt auch ein paar Punkte, die mir weniger gut gefallen, doch sie haben mehr mit USB-Oszilloskopen im Allgemeinen als speziell mit diesem schönen Gerät zu tun: Zunächst gilt es auf alle Fälle den zulässigen Eingangsspannungsbereich von ±20 V an den Eingängen zu beachten. Das ist deutlich weniger als bei den üblichen Tischgeräten. Die Prüfspitzen vertragen zwar bis zu 600 V Gleichspannung, aber trotzdem. Ich würde für den Einsatz eines expliziten einfachen Werkstatt-PCs oder Laptops plädieren. So etwas kann man preiswert ersetzen und muss dann nicht dauernd Angst bezüglich Überspannung und Folgeschäden haben. Pico macht keine Probleme beim Kopieren der Software auf einen anderen Computer. Also keine Angst vor Lizenzproblemen oder gecrashten Festplatten. Die Software ist frei und kann jederzeit kostenlos upgedated werden.

Gut ist auch, dass es sich bei einem PicoScope nicht ganz um so eine „black box“ handelt, wie sie aussieht. Es ist zwar nicht gerade Open Source oder etwas in der Richtung, aber dank der Treiber und eines Software-Development-Kits kann man auch sehr gut eigene Software schreiben oder populäre Fremdsoftware anbinden, wie etwa die bekannte Entwicklungs- und Testumgebung LabVIEW.

Zum Schluss noch eine Anregung von einem erfahrenen Reparateur: Eine Möglichkeit zum Abhören von Audiosignalen wäre nicht schlecht. Das ließe sich über die Soundkarte des PCs ja leicht realisieren.

Eine Auswahl der populärsten PicoScope-Modelle der 2000er-Serie ist auch im Elektor-Shop für Mitglieder zu besonders guten Preisen erhältlich.