Glücklicherweise ist das Internet voll an Information über spezielle Reinigungsmittel und ihre Anwendung, aber wie immer sollte man bei Online-Infos vorsichtig sein und ein Auge auf die Seriosität werfen. Man kann niemand verantwortlich dafür machen, wenn man ein schönes Bakelit-Gehäuse eines antiken Radios aufgrund von Fehlern oder Missverständnissen ruiniert hat. Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass die Reinigungsmittel oft in verschiedenen Ländern unter anderem Namen vermarktet werden. Wenn ein Amerikaner z. B. von DeOxit schwärmt, müsste er in Europa zu Tuner60 und Kontakt greifen. Das Buch geht an verschiedenen Stellen auf Reinigungsmittel und sonstige Flüssigkeiten ein, doch eher in einer allgemeinen Art und Weise. Die Auswahl des konkreten Produkts obliegt dann dem Leser. Prinzipiell ist das in Ordnung, aber ein paar konkretere Hinweise hätten sicher nicht geschadet, selbst wenn diese Produkte lediglich auf den britischen Inseln im Regal stehen.

Anfänger oder Fortgeschrittener
Ich bezweifle, dass Anfänger viel Wert auf die Erläuterung der grundlegenden Funktionsweise von Geräten aus den 1970ern oder 1980ern legen, wie das zu Anfang jedes Kapitels zu lesen ist. Ein direkterer oder radikalerer Ansatz zur Fehlersuche und dem Auffinden des Übeltäters wäre vielleicht sinnvoller gewesen, da genau diese Informationen deutlich seltener und wertvoller sind, als die Lektüre über Grundfunktionen wie etwa die Funktion eines dynamischen Mikrofons oder die Verstärkungsverteilung anhand eines Blockschaltplans von Stereoverstärkern, die man überall finden kann. Für einen aggressiven Ansatz mit nur einem Signalverfolger, der Nase, Augen und Ohren bewaffnet, sind die Bücher von Bob Pease zwar toll, doch ist deren typisch US-amerikanischer, schnörkelloser Ansatz womöglich zu schnell und zu voraussetzungsvoll für Anfänger.

Wer schon Erfahrung mit alter Analogelektronik hat, der wird die Einleitungen mit ihren Beschreibungen bestenfalls zu flach finden. Die Kapitel zum Tuner, Plattenspieler, Verstärker und Kassettenrekorder sind zu textlastig und es fehlen Fotos und Schaltpläne.

Fazit
Wenn Sie an all die Stunden denken, die Sie in alten Geräten rumgestochert haben, ohne einen Plan davon zu haben, was Sie da eigentlich tun und gegebenenfalls die alten Raritäten eher verschlimmbessern, dann sollte das zur Lektüre motivieren. Diese Zeit ist nämlich viel nützlicher damit verbracht, die wichtigen Infos nachzulesen. Das ist genau der Punkt, an dem dieses Buch richtig passt. Es scheint nur ein langer Weg von der Werkstatteinrichtung über die Ersatzteilbeschaffung und das Entlöten eines verschmorten ICs bis dahin, dass das Radio wieder Töne von sich gibt. Aber genau diesen Weg muss man gehen und er zahlt sich am Ende sicher aus – das Geld für das Buch ist dann gut angelegt. Das Lesen des Buchs rentiert sich vor allem, weil man anschließend mit gutem Gefühl zum Lötkolben greifen kann, da man jetzt weiß, was man tut.

Retro Audio – a Good Service Guide
Autor: Paul Hetrelezis
ISBN 978-1-907920-58-5
Erhältlich im Elektor-Shop