Von Harry Baggen

Jeder, der etwas mit Elektronik zu tun hat, hat mindestens eines – oft auch mehrere Multimeter. Man bekommt sie für wenig Geld, doch für größere Robustheit, bessere Sicherheit, mehr Funktionen und höhere Genauigkeit steigen die Beträge schnell auf einige hundert Euro. Vor allem die Genauigkeit hat einen großen Einfluss auf den Preis.

Zu Hause hatte ich immer mit ein einfaches Multimeter. Letztes Jahr wurde es nach jahrzehntelangem, treuem Dienst endlich durch eine bessere Version mit Dual-Display und vor allem einer besseren Genauigkeit ersetzt. Ich war sehr zufrieden damit. Beim Test eines Tischmultimeters von Siglent kam ich auf die Idee, es mit meinem Handmultimeter zu vergleichen. Das Siglent ist in der Anschaffung zwar teurer, aber vielleicht dieses Geld auch wert. Lesen Sie, welches Messgerät einfacher zu bedienen ist und was die Vor- und Nachteile der einzelnen Typen sind.

Das Messgerät

Dies ist das „kleinste“ Tischmultimeter von Siglent aus einer Serie von drei Geräten, aber abgesehen von einer geringeren Anzahl von Ziffern und einer geringeren Grundgenauigkeit bietet das Modell SDM3045X immer noch den gleichen Funktionsumfang wie die teureren Versionen. Wenn seine Genauigkeit ausreicht, bekommt man damit das beste Preis-/Leistungsverhältnis.

Das Modell SDM3045X hat ein stabiles Metallgehäuse mit Schutzpuffern aus Kunststoff an den Ecken. Der Tragegriff lässt sich in verschiedene Positionen drehen, so dass man die Vorderseite des Messgeräts schräg nach oben kippen kann. Das Gehäuse hat die gleichen Abmessungen wie viele der anderen Geräte von Siglent (z.B. die Signalgeneratoren), so dass sie sich leicht stapeln lassen.

Vorne befindet sich ein übersichtliches 4,3"-Farb-Display. Darunter liegen sechs Softmenü-Tasten, deren Funktionen im Display angezeigt werden. Auf der rechten Seite sind die üblichen Funktionstasten (von denen die meisten eine sekundäre Funktion haben) sowie eine Reihe von Cursor-Tasten für die Navigation durch die Menüs und die Einstellung von Werten.

Es gibt fünf Eingangsbuchsen (Bild 1): zwei für die normalen Eingänge, zwei Sense-Eingänge für Vierdraht-Widerstandsmessungen und einen Eingang für Strommessungen.

Bild 1. Es gibt Eingänge für Vierdraht-Widerstandsmessungen.

Auf der Rückseite befinden sich eine IEC-Netzbuchse, ein USB-Anschluss und ein LAN-Anschluss für die Verbindung mit einem Computer oder die Integration in ein LAN. Hinzu kommen zwei BNC-Buchsen für die externe Triggerung. Außerdem gibt es einen Sicherungshalter für die Strommessung.

Messfunktionen

Das SDM3045X bietet natürlich alle Funktionen, die man auch bei einem guten Handmultimeter findet: Spannungs- und Strombereiche, Widerstand, Kapazität, Frequenz, dB(m), Temperatur- und Dioden- sowie Durchgangsmessung, Auto-Ranging und - wie bei den besseren Multimetern inzwischen üblich – eine Möglichkeit zur gleichzeitigen Anzeige von zwei Messwerten (z.B. Wechselspannung und Frequenz). Das Display zeigt Werte bis maximal 66.000 an. Die Grundgenauigkeit beträgt 0,02 % bei Gleichspannung. Es kann bis zu 150 Messungen/s durchführen, ist aber nicht für den Einsatz bei hohen Spannungen (CAT I / 10.000 V bzw. CAT II / 300 V) ausgelegt. Für diese Zwecke sollte man ein Tischmessgerät in einem Elektroniklabor ohnehin nicht verwenden. Das Multimeter kann per LAN oder USB an einen PC angeschlossen werden, der dann die Messergebnisse speichert.

Bei Spannungsmessungen gibt es verschiedene Darstellungsmöglichkeiten, wie z.B. eine zusätzlichen Balkenanzeige unterhalb des digitalen Wertes, eine Trendkurve oder ein Histogramm (Bild 2).

Bild 2. Eine Auswahl von Anzeigemöglichkeiten.

Außerdem stehen verschiedene mathematische Funktionen zur Verfügung. Für viele Messgerätefunktionen hat man Optionen zur Auswahl, die sich in diesem Review nicht alle aufzählen lassen. Ein paar Beispiele: Im 600-mV-Bereich lässt sich zwischen einer Eingangsimpedanz von 10 MΩ oder 10 GΩ wählen; beim Diodentest lässt sich die Prüfspannung zwischen 0 und 4 V einstellen; bei Temperaturmessungen kann man je nach Art des verwendeten Temperatursensors aus verschiedenen Konfigurationsmöglichkeiten wählen. Das Messgerät lässt sich manuell oder extern triggern, so dass es eine bestimmte Anzahl von Messungen durchführt. Außerdem können obere und untere Schwellwerte festgelegt werden, deren Über- bzw. Unterschreitung geprüft wird. Der interne Flash-Speicher von 1 GB fasst bis zu 10.000 Messergebnisse.

Über den USB-Anschluss an der Vorderseite lassen sich Konfigurationseinstellungen und Messergebnisse auf einem USB-Stick speichern. Die Verbindung des Messgeräts mit einem PC ist über USB oder ein LAN möglich (Bild 3).

Bild 3. Das Messgerät kann über USB oder LAN mit einem PC verbunden werden.

Die mitgelieferte Software EasyDMM (Bild 4) ist für Windows gedacht, was für die meisten Elektroniker kein Problem darstellen dürfte.

Bild 4. Die kostenlose Software EasyDMM zur Steuerung des Messgeräts und zum Auslesen der Daten am PC.

Diese Software unterstützt die Steuerung des Messgeräts und auch das Abspeichern von Messsequenzen. Wie die meisten anderen Siglent-Messgeräte verwendet auch dieses Standard-SCPI-Befehle, mit denen sich eigene Messabläufe zusammenstellen lassen.

In der Praxis

Der größte Unterschied zwischen diesem Tischmultimeter und einem Handmultimeter besteht wohl darin, dass ersteres vom Stromnetz versorgt wird. Bei stationärer Verwendung schützt das vor leeren Batterien. Platziert man das SDM3045X an geeigneter Stelle auf einem Labortisch, bleibt es normalerweise einfach dort, neben einem Oszilloskop, dem Labornetzteil und anderen Messgeräten. Ich habe überlegt, wie oft ich mein Handmultimeter tatsächlich an einen anderen Ort getragen habe. Tatsächlich war das nur sehr selten der Fall. Die meiste Zeit lag es auf meinem Labortisch, da ich genau da ein Multimeter brauche. Seit das SDM3045X auf meinem Labortisch stand (Bild 5), habe ich mein Handmultimeter kaum noch benutzt (außer wenn ich zwei Messungen gleichzeitig machen wollte).

Bild 5. Das SDM3045X fühlt sich zwischen den anderen Laborgeräten wohl.

Das 3045X steht viel stabiler auf dem Tisch als ein Handmultimeter und mit seiner ausklappbaren Halterung fand ich die Bedienung der Drucktasten viel bequemer als einen Drehschalter.

Es dauert ein wenig, bis man ich mich an die Bedienung und alle Funktionen gewöhnt hatte, vor allem weil es so viele Konfigurationsmöglichkeiten gibt. Und wenn man es einschaltet, muss man ein wenig Geduld haben, bis der „Computer“ gebootet hat - deutlich anders als bei einem Handmultimeter. Ansonsten gibt es nur Vorteile: Ein großes und übersichtliches Display und so ziemlich alle Funktionen, die man sich für ein Multimeter vorstellen kann. Die Genauigkeit ist fantastisch und bei Wechselspannungsmessungen ist auch der große Frequenzbereich bis 100 kHz ein Bonus, denn die meisten Handmultimeter packen nicht einmal den Audiobereich.

Wer höhere Genauigkeit benötigt, kann zum teureren Geschwistermodell SDM3055 greifen, das eine zusätzliche Stelle bietet. Ein SDM3045X besitzt allerdings im Gegensatz zum SDM3055 keinen Lüfter - ein großer Vorteil, weil es mucksmäuschenstill ist. Die mitgelieferte Software ist übersichtlich und ideal für die Protokollierung der Messergebnisse. Ich habe seit diesem Test mein Handmultimeter kaum noch benutzt, denn das Siglent bietet so viel mehr!

Fazit

Wenn Sie bereit sind, etwas mehr für ein gutes Multimeter auszugeben, dann kann ich Ihnen auf jeden Fall empfehlen, sich die Features des SDM3045X bzw. sein Datenblatt anzusehen. Dieses Tischmultimeter ist ein hervorragender Begleiter sowohl für Profis als auch Amateure, denn es kann nicht nur viel mehr als ein Handmultimeter, sondern ist meines Erachtens auch einfacher zu bedienen und abzulesen.

(200720-04)


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