Auch wenn „Mann“ bekanntlich nie genug Netzteile haben kann, weiß ich schon gar nicht mehr, wohin damit in meinem Elektronik-Labor. Doch da ich so positive Erfahrungen mit dem kleinen analogen Labornetzteil PeakTech 6080 A (hier finden Sie das Review dazu) gemacht hatte, wollte ich mir auch mal ein größeres Labornetzteil mit digitaler Bedienung antun. Meine Wahl fiel auf das Labornetzteil RD6006 – dieses Mal von der Firma JOY-iT. Ein Grund für diese Entscheidung war, dass es sich nicht um ein Fertiggerät handelte, sondern dass das Ganze als eine Art Bausatz angeboten wird.

Bausatz

„Eine Art Bausatz“ trifft es, denn dieses Netzteil ist im Elektor-Shop als JOY-iT JT-RD6006 DC Power Supply Bundle erhältlich. Gemeint ist damit nicht etwa ein „normaler Bausatz“ mit Bauteilen und Platine, die man sorgfältig bestücken muss und dann auf Funktion testen, kalibrieren und einbauen. Dieses Bundle besteht aus fertigen Modulen, die man ganz ohne Verbrauch von Lötzinn in ein Gehäuse schraubt und fertig. Die Module sind schon getestet und auch kalibriert – fast. Doch dazu später mehr.

Zunächst zu den technischen Daten:

  • Netzspannung: 115/230 V (Standard)
  • Ausgangsspannung: 0 – 60 V
  • Ausgangsstrom: 0 – 6 A
  • Ausgangsleistung: max. 360 W
  • Spannungsauflösung: 10 mV
  • Stromauflösung: 1 mA
  • Ladefunktion: 0 – 9.999,99 Ah; 0 – 9.999,99 Wh
  • Restwelligkeit: 100 mVSS (bei max. Last)
  • Display: 2,4“ Farb-LCD
  • Bedienung: Tastenfeld, Drehgeber, USB, WLAN
  • WLAN-Modul: ESP12F

Das Labornetzteil ist also ganz schön umfangreich ausgestattet, kann einiges mehr als mein älteres digitales 480-W-Labornetzteil chinesischer Provenienz und ist mit 175,46 € (für Elektor-Mitglieder) sogar noch etwas preiswerter. Maximal 60 V und 6 A müssten zudem für 95% aller typischen Anwendungsfälle ausreichen.

Unboxing

Das Netzteil-Bundle kommt in einem imposanten Koffer mit den Abmessungen 50x36x15 cm daher (Bild 1), und ich hatte mich schon gewundert, warum das Paket so groß war.

Bild 1. Das Labornetzteil-Bundle steckt in einem imposanten schwarzen Koffer. Zum Vergleich liegt eine Elektor-Ausgabe daneben.

Klappt man den Koffer auf, blickt man auf die drei Teile von Bild 2.

Bild 2. Aufgeklappt gibt der Koffer drei ebenfalls verpackte Teile preis.

Entpackt man die drei kleineren Pakete, kommen viele Teile zum Vorschein (Bild 3). Fast habe ich einen Moment daran gezweifelt, dass man das alles lötfrei zusammenbauen kann.

Bild 3. Inhalt des Bundles. 3a+3b: das Elektronik-Modul samt Frontblende sowie Temperatursensor und SMD-Sicherung; 3c: mechanische Kleinteile, extra Lüfter samt Steuerungsplatine, Kabel, Netzbuchse und Schalter; 3d: das Gehäuse aus Stahlblech, 3e: das 400-W-Industrienetzteil; 3f: das WLAN-Modul ESP12F; 3g: die beigelegte 10-A-SMD-Ersatz-Sicherung in voller Pracht.

Wie man in Bild 3a sehen kann, ist keine Anleitung enthalten und leider auch kein direkter URL, sondern wie heute üblich nur ein Link auf die Webseite des Herstellers. Aber so schwierig ist das nicht. Dort in die Suche das Modell RD60006 eingegeben und schon stößt man mit einem Klick auf ein Bild auf die Bedienungsanleitung als PDF-Datei.

Lädt man die verlinkte Datei herunter, dann sieht man, dass es keine (Auf-)Bauanleitung ist, sondern dass es sich wirklich fast nur um die Bedienung dreht. Die Montage und Verdrahtung der vielen Teile ergibt sich zwar logisch, ist aber nicht ganz trivial.

Aufbauanleitung

Damit Sie es einfacher haben als ich, können Sie nachfolgend sehen, wie die Teile zusammengehören. An Werkzeug empfiehlt sich ein Kreuzschlitz-Schraubendreher mittlerer Größe, ein sehr kleiner „normaler“ Schraubendreher und eine kleine Spitzzange zum Festhalten der Muttern. Da wirklich kein Lötkolben erforderlich ist, habe ich das Ganze „schnell mal eben“ auf dem Küchentisch zusammengebaut. Ein Elektronik-Labor ist dazu wirklich nicht erforderlich.

Zuerst entfernt man die acht M3x5-Senkkopf-Kreuzschlitzschrauben, mit denen der Deckel des grauen Blechgehäuses befestigt ist. Dann müssen der Netzschalter und die Kaltgerätebuchse in die Ausbrüche an der Rückwand gesteckt werden (Bild 4).

Bild 4. Befestigung von Netzschalter, Kaltgerätebuchse, Lüfter und der Platine mit der Lüftersteuerung.

Der Schalter rastet ein, aber die Netzbuchse benötigt zwei M3-Schrauben samt Muttern. Hier dient die Spitzzange zum Fixieren der Muttern beim Anziehen der Schrauben. Schließlich muss noch die kleine Platine mit der Lüftersteuerung mit drei schwarzen M3x5-Schrauben befestigt werden.

Die Montage des Gehäuselüfters benötigt etwas Aufmerksamkeit: Die M3-Muttern passen zwar schön in die Versenkungen des Lüfters, doch sind diese kreisrund. In der Folge kann man die Schrauben kaum richtig festziehen, da die Muttern durchdrehen und sich ja nicht mit einer Zange fassen lassen. Bild 5 zeigt, dass die Klinge eines sehr feinen Schraubendrehers reicht, um die Mutter zu fixieren. Der Lüfter wird so positioniert, dass sein Kabel wie abgebildet rechts liegt.

Bild 5. Ein kleiner, feiner Schraubendreher hilft beim Fixieren der Muttern beim Lüfter.

Dann schraubt man das Industrienetzteil (Bild 3e) mit vier M4x6-Linsenkopfschrauben in das Gehäuse. Dabei ist darauf zu achten, dass die Anschlüsse des Netzteils zur Hinterseite (links) zeigen. Dann kommen die vier Gummifüße mit je einer schwarzen M3x5-Schraube auf die Rückseite. Bild 6 zeigt, wie das gemacht wird.

Bild 6. Die Rückseite des Metallgehäuses. Das Netzteil wird mit vier M4x6-Schrauben und die vier Gummifüße werden mit M3x5-Schrauben befestigt. Die Netzteilanschlüsse sind hier links. Hinweis eines Lesers: Unter die Linsenkopfschrauben des Netzteils sollten Zahnringe, damit es richtigen galvanischen Kontakt zwischen dem Erdanschluss der Kaltgerätebuchse und dem Gehäuse gibt.

Bild 7 zeigt, wie alle Teile verkabelt werden. Besonders die Klemmen am Industrienetzteil sollten gut, aber nicht zu heftig festgezogen werden.

Bild 7. Alle Teile eingebaut und fertig verkabelt.

Bild 8 zeigt die Nahaufnahme. Natürlich darf man sich bei der Verkabelung der spannungsführenden Teile keinesfalls vertun. Alle Drähte haben eine passende Länge und die Enden sind entweder verzinnt, mit Kabelschuhen oder Steckern versehen.

Bild 8. Detailansicht. Bei der Verkabelung der Netzspannung führenden Teile sollte man Sorgfalt walten lassen.

Bevor man aber das Frontmodul wie in Bild 7 zu sehen in seine Aussparung im Gehäuse schiebt, sollte man das mitgelieferte WLAN-Modul ESP12F (Bild 3f) hinten auf die Platine des Frontmoduls stecken. Bild 9 zeigt das Frontmodul von hinten mit aufgestecktem WLAN-Modul. Die halb sichtbare Fassung unter dem Modul ist für eine optionale, aber nicht erforderliche Knopfzelle des Typs CR1220 vorgesehen. Die grüne Klemme „Voltage in“ kann abgezogen und mit dem längeren roten und schwarzen Kabel verschraubt und dann wieder aufgesteckt werden.

Bild 9. Das Frontmodul von hinten mit aufgestecktem ESP12F-Modul. Unter diesem Modul findet sich eine Fassung für eine (nicht benötigte) Lithium-Knopfzelle.

Wenn man jetzt wieder den Deckel auf das Gehäuse schraubt, sieht das fertige Labornetzteil so aus wie in Bild 10. Interessant ist, dass ein paar Schrauben übrig sind und auch zwei Kabelschuhe beigelegt waren, von denen ich nicht weiß, was ich damit anfangen sollte. Dafür fehlt als ausgleichende Gerechtigkeit ein Netzkabel.

Bild 10. Das fertige Labornetzteil. Bei mir sind acht M3-Senkkopfschrauben und zwei Kabelschuhe übrig geblieben.

Betrieb & Justage

In Bild 11 sind vier verschiedene Betriebszustände zu sehen. Doch bevor diese beschrieben werden, noch ein paar Anmerkungen: Das farbige Display ist sehr informativ und bietet fast mehr Informationen als nötig. In dem gezeigten Standardmodus (es gibt noch einen weiteren, der Verläufe anzeigt), sieht man links die aktuellen vierstelligen Werte von Spannung (grün), Strom (blau) und Leistung (rot). Rechts wird oben die Eingangsspannung = Ausgangsspannung des Industrienetzteils unter „INPUT“ angezeigt. Darunter folgen eingestellte Spannung (U-SET) und Strom (I-SET) und dann der eingestellte Schutz gegen Überspannung (OVP) und Überstrom (OCP). 

Bild 11. Display bei vier verschiedenen Modi. 11a: Ausgang abgeschaltet; 11b: Ausgang mit 5 V aktiv; 11c: Ausgang max. 59,14 V bei Eingang = 60,13 V; 11d: Ausgang 59,96 V bei Eingang = 62,56 V.

In Bild 11a sind die aktuellen Werte alle noch null, da der Ausgang abgeschaltet ist. Betätigt man die Taste „ON/OFF“ rechts unter dem Drehgeber, dann leuchtet sie auf und der Ausgang wird eingeschaltet. In Bild 11b sieht man dann die aktuell anliegende und real gemessene Spannung von 5,00 V, was sich genau mit der eingestellten Spannung deckt. Ohne Last fließt kein Strom – das Netzteil befindet sich im Modus Konstantspannung (CV ganz unten in weiß). Meine Messung ergab genau 4,996 V, was auf einen vernachlässigbaren Fehler von -0,08 % hinausläuft. Ergo ist das Netzteil sehr gut kalibriert worden. Nicht nur das überzeugt. Mein älteres 480-W-Netzteil hat nur eine Anzeige von Spannung und Strom. Hier sieht man nun eventuelle Differenzen, und das ist gut so.

In Bild 11c habe ich versucht, die maximal mögliche Spannung einzustellen. Möglich waren aber nur 59,18 V statt 60,00 V bei U-SET. Warum? Das lässt sich leicht aufklären: Die Elektronik des Labornetzteils ist ja zweigeteilt: Das Industrienetzteil lieferte hier 60,18 V (bei voller Last einige 10 mV weniger, wegen des Widerstands von Sicherung und Kabeln). Daraus macht das Frontmodul dann einstellbare 0 bis eben nicht ganz die Eingangsspannung. Der Buck-Regler kommt da nämlich nicht ganz ran. Also habe ich mit dem in Bild 7 gut zu sehenden kleinen, weißen Poti die Eingangsspannung hochgedreht.

Bei 61,5 V kann man dann die Ausgangsspannung wirklich bis 60,00 V einstellen. Damit es unter Last keine Probleme gibt, habe ich noch eine kleine Reserve vorgesehen. Bild 11d zeigt, dass eine Eingangsspannung von 62,56 V auch für volle Last ausreicht. Bei 5,885 A liegen am Ausgang dann echte 59,96 V an und die Kabel zu meinen Lastwiderständen wurden warm. Mein Multimeter meint, es wären 59,94 V gewesen– ein völlig vernachlässigbarer Fehler. Mit etwas Nachjustierung läuft das Labornetzteil also recht perfekt. Auch die Lüfter waren kaum zu hören und die interne Temperatur hatte nach 15 Minuten bei 353 W Ausgangsleistung nur 29° erreicht.

Störpegel

Es ist klar, dass ein Schaltnetzteil keine so saubere Ausgangsspannung liefert wie ein analoges Pendant. Also habe ich mein Oszilloskop an die Ausgangsklemmen angeschlossen und geschaut, was für Störsignale so auftreten. Bild 12 zeigt die Störpegel bei vier verschiedenen Bedingungen.

Bild 12. Screenshots der Störpegel der Ausgangsspannung unter vier verschiedenen Lastbedingungen.

Zunächst: Ein messbarer 50- oder 100-Hz-Brumm war nicht nachweisbar – soweit also schon mal sehr gut. Bei langsamer Horizontalablenkung war allerdings schon ohne Last eine Art statistisches Rauschen zu sehen. Also habe ich gesucht und bei einer Ablenkung von 2 µs/Teilstrich konnte man dann periodische Störsignale mit einer Grundfrequenz von etwa 115 kHz sehen – die eingebaute Frequenzmessung meines Oszilloskops vertut sich nicht nur hier aufgrund der komplexen Kurvenform der Störsignale. Der Pegel lag bei Bild 12a (ohne Last) bei etwa 22 mVSS

Bei einer schwachen Last von 5 W (Bild 12b) erniedrigt sich die Grundfrequenz auf rund 70 kHz und es treten periodische Spikes mit einer Amplitude von 130 mVSS auf. Ein kleiner Tiefpass am Ausgang hätte die energiearmen Spikes beseitigt und die Störamplitude auf ca. 35 mVSS gesenkt. Bei der moderaten Last von 36 W (Bild 12c) bleiben die Frequenz und auch die Spikes, dafür zeigt sich eine schöne Dreieckwelle mit einer Amplitude von etwa 70 mVSS. In Bild 12d kann man bei der hohen Last von etwa 200 W sehen, dass sich die Amplitude des Dreiecksignals auf rund 130 mVSS fast verdoppelt. Das sind zwar etwas mehr als die vom Hersteller angegebenen maximal 100 mVSS, das Ganze bleibt aber für ein digitales Labornetzteil in durchaus akzeptablem Rahmen.

Fazit & Sonstiges

Nicht probiert habe ich, das Netzteil über USB oder per WLAN fernzusteuern. Die Angaben im Handbuch waren für mich eher kryptisch und – Hand aufs Herz – ich brauche sowas auch nicht. Ich stelle Spannungen und Ströme immer noch gerne von Hand direkt am Gerät ein. Ich habe also die sonstigen eingebaute Luxusfunktionen schlicht ignoriert, da ich sie nicht brauche. Übrigens kann dieses Labornetzteil angeblich auch Akkus mit definierten Werten laden. Dafür gibt es sogar für den Pluspol eine eigene grüne Ausgangsbuchse. Hier wird der Strom abgeschaltet, wenn er unter 10 mA fällt, damit ein eventuell angeschlossener Akku nicht überladen werden kann. Mir hat sich aber nicht erschlossen, wieso man dafür eine extra Buchse braucht. Und um zu verstehen, wie die Akkuladung funktioniert, braucht es wohl die Fähigkeiten von Alan Turing, um diese Passagen des Handbuchs zu entschlüsseln. Auch die englische Version des Handbuchs macht nicht viel klüger, denn auch sie wurde wohl aus dem Chinesischen übersetzt.

Was die Möglichkeiten angeht, gefällt mir dieses Labornetzteil besser als das, was ich schon seit Jahren nutze. Insbesondere das Display ist klasse, weil es Soll- und Istwerte zugleich anzeigt. Ich mag es auch, dass man (bis zu zehn) Presets für Spannung und Strom definieren und nutzen kann. Auch die Einstellung der Werte via Drehgeber (schnell & intuitiv) oder per Tasten (genau) ist eine tolle Sache. Schön finde ich, dass Spannung und Strom sehr genau kalibriert sind. Die Störpegel am Ausgang sind zwar nicht so gut wie bei einem analogen Labornetzteil, aber in der Praxis (außer für die Versorgung empfindlicher HF-Teile) völlig ausreichend niedrig. Nach dem Einschalten bootet der „integrierte Computer“ aka Mikrocontroller extrem fix: Das Netzteil ist innerhalb einer Sekunde betriebsbereit, wenn man die Anzeige des Logos abschaltet. Das ist super, denn mein altes Netzteil strapaziert mit fast 15 s meine Geduld ganz ordentlich. Das Preisleistungsverhältnis ist gut und im Defektfall kann man sogar leicht einzelne Teile austauschen.

Nun zu den Schattenseiten: Dass kein Netzkabel beiliegt, geschenkt. Was stört ist die Qualität des Handbuchs. Auch wenn ich die für mich relevanten Infos finde, hätte das ein richtiger Elektroniker verfassen sollen. Mich persönlich ärgert das aber nicht besonders, da ich ja die „verschlüsselten“ Funktionen nicht brauche.

Unser Angebot

Wer Interesse daran hat und verspricht, die Spezialfunktionen des Netzteils auszutüfteln und die Betriebsanleitung soweit zu verbessern oder so neu zu schreiben, dass sie brauchbar ist, der kriegt das von mir getestete Labornetzteil geschenkt. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Ich informiere dann sofort, ob und wie der Deal über die Bühne gegangen ist. Der Glückliche gestattet dann, dass die redigierte Anleitung durch Elektor veröffentlicht wird und tritt die Veröffentlichungsrechte an Elektor ab. Der Rechtsweg bleibt wie immer vorbehalten. Interessiert?

Update:
Das Netzteil ist vergeben. Wir werden dann nach Erhalt die optimierte Bedienungsanleitung veröffentlichen.