Nachdem Skype kein Fremdwort mehr ist und man auch mit den Begriffen Zoom und Teams jonglieren kann, haben viele Zeitgenossen in den letzten Monaten nicht nur befriedigende Erfahrungen mit Video-Telefonie und Online-Konferenzen gemacht. Neben Fehlbedienungen mancher Teilnehmer nerven vor allem die begrenzte Bandbreite der Internetverbindungen, die schlechte Qualität der Video-Bilder (aufgrund mieser Kameras und/oder schlechtem Licht) sowie last not least der schlechte Klang der Tonübertragung. Das gilt ganz besonders für die, welche mit einem Laptop unterwegs sind. Anders als bei einem PC liegt es nämlich bei schlechter Laptop-Hardware nicht so nahe, sich eine bessere Webcam zuzulegen.

Laptop-Frust

Aufgrund meiner über die ganze Welt verstreuten Freunde, Bekannten und Verwandten habe ich schon lange recht viel mit „Video-Telefonie“ zu tun gehabt. Da ich „für unterwegs“ auch tragbare Computer nutze, habe ich schon viel geflucht über die Qualität der damit möglichen Videoübertragung.

Den Vogel schoss dabei ausgerechnet ein etwas teureres Produkt des Herstellers mit dem angebissenen Apfel ab: Nachdem ich letztes Jahr mein älteres MacBook Pro gegen ein neues MacBook Air ausgetauscht habe, konnte ich kaum glauben, welch unsäglich krisseliges und unterbelichtetes Bild sich Apple da für viel Geld zu verkaufen traute. Zwar hätte ich ja einfach eine extra Webcam kaufen und per USB anstecken können, doch genau dafür kauft man sich ja was Tragbares, damit man jede Menge extra Teile mit sich rumschleppen muss, nicht wahr? Hinzu kam, dass das MB Air nur über USB-C-Schnittstellen verfügt. Sehr fortschrittlich, aber Webcams mit USB-C sind Mangelware und die Notwendigkeit zum Mitschleppen eines zusätzlichen USB-C/USB-A-Konverters hat dann meine Leidensfähigkeit überschritten. So kam es, dass der neue Laptop verkauft wurde und ich reuig zum älteren Vorgängermodell zurückgekehrt bin.

Das Problem minderwertiger Kameras (und Mikrofone) in Klapprechnern ist übrigens nicht auf Apple beschränkt. Auch Windows-10-Nutzer kann es treffen. Ich kenne mindestens ein (teures) Samsung-Notebook, bei dem das Bildrauschen unübersehbar und der Klang fürchterlich ist. Es gibt aber durchaus portable Rechner mit mittelprächtiger Videoqualität. Schade, dass genau diese Aspekte in den Tests einschlägiger Zeitschriften zu kurz kommen. Zumindest seit diesem Jahr sollte die Relevanz deutlich geworden sein. Es ist übrigens auch nicht wirklich nachvollziehbar, warum jedes Billighandy eine deutlich bessere Front-Cam und ein halbwegs brauchbares Mikrofon verbaut hat – und nur Laptops nicht!

Abhilfe

Die einfachste Lösung zur Lösung aller bild- und tontechnischen Probleme ist der Kauf einer Webcam. Bei einem PC ist das eh obligatorisch, aber auch bei einem fürs Home-Office zur Verfügung gestellten Firmen-Laptop ist eine solche Anschaffung überlegenswert. Sicherlich wird man mit einer extrem preiswerten No-name-Webcam aus China nur mit viel Glück zufrieden sein. Aber sowohl von Logitech als auch von Microsoft und anderen Markenherstellern gibt es brauchbare Webcams ab etwa 35 €. Die darin verbauten Mikrofone sind zwar nicht perfekt, aber durchaus gut genug und für Sprachübertragung meistens ausreichend.

Wem die Qualität der Kamera ausreicht, aber die des Tons nicht, der kann auch über den Erwerb eines externen Mikrofons nachdenken. Die Industrie hat diesen Markt erkannt und bietet etliche Modelle mit USB- statt Klinkenstecker an. Dank integriertem A/D-Wandler und der Integration der nötigen Treiber in alle gängigen Betriebssysteme ist der Anschluss an einen PC unter Windows, MacOS oder Linux völlig problemlos möglich. Natürlich könnte man auch „normale“ Mikrofone mit analogem Ausgang verwenden – zumindest bei den meisten PCs. Bei modernen Laptops wird aber zunehmend der Mikrofoneingang eingespart. Als Ersatz täte es dann ein preiswerter USB-Konverter, der über einen solchen Eingang und meistens auch über einen Audio-Ausgang verfügt. Bloß hat man damit ein weiteres kleines Teil zum Verlieren und Suchen. Nichts für mich.

USB-Mikrofon

Nachdem ich die letzten Jahre mit verschiedenen preiswerten Mikrofonen nie wirklich zufrieden war, habe ich kürzlich ein sogenanntes „Großmembran-Mikrofon“ mit USB-Stecker geordert. Diese Kondensator-Mikrofone werden ja auch in Tonstudios eingesetzt und sollten daher schon etwas taugen. Wikipedia widmet sich den Eigenschaften von Mikrofonen unter dem Stichwort „Mikrofonierung“.

Außerdem: Durch das enorme Wachstum der sozialen Medien produzieren viele (junge) Leute Podcasts oder betreiben aktiv einen eigenen Videokanal. Hierfür braucht es dann nicht nur eine gute Videokamera, sondern auch ein gutes Mikrofon. Genau für solche Zwecke werden heute „Podcast-Sets“ bestehend aus Großmembran-Mikro und Standfuß, manchmal sogar mit Spinne, Galgenhalterung und Popschutz angeboten.

Also wollte ich mein Glück in diesem Sektor versuchen. Bei Audio-Technik zeigen sich zwei Phänomene besonders: Zum einen ist nicht jedes vertretene Argument zwingend rational und zum anderen wird Qualität schnell richtig teuer. Das Preis/Leistungsverhältnis ist leider keine sanft ansteigende Gerade, sondern hat einen eher exponentiellen Verlauf. Und da mir ein besserer Klang nur begrenzt viel Geld wert war, googelte ich nach preiswerten Großmembran-USB-Mikrofonen. Und wurde fündig.

CAD Audio U29

Dieses Mikrofon kommt mit einem Tripod und einem Windschutz und kostet mit 34 € erstaunlich wenig. Damit konnte ich nicht viel falsch machen, dachte ich. Also habe ich es bestellt und zwei Tage später bot sich mir nach dem Auspacken der Anblick von Bild 1. Optisch macht das Mikrofon einen wertigen Eindruck: Kein Plastik - alles Metall.

Bild 1. Der Lieferumfang umfasst das eigentliche Mikrofon, den Windschutz, eine Klemmhalterung samt Tripod und das USB-Kabel.

Ich habe es gleich an meinen PC angeschlossen, die Freeware Audacity gestartet und damit eine Aufzeichnung sowie zum Vergleich auch mit dem Mikrofon meiner Webcam (Logitech C525) gemacht. Ich war nicht enttäuscht. Ich konnte den klar besseren Klang hören und zwar so deutlich, dass sich eine Messung erübrigt. Nicht schlecht!

Gespannt war ich, ob auch meine Gesprächspartner bei Skype einen Unterschied bemerken würden. Und auch da wurde der Unterschied bemerkt. Zwei „Versuchspersonen“ konnten recht klar hören, welche der beiden Mikrofone aktiv war, wenn ich umschaltete. Der Unterschied? Das Mikrofon von CAD war nicht ganz so basslastig und hatte deutlich klarere Höhen.

Pegel und Folgen

An sich hätte die Geschichte hier zu Ende sein können. Bei den Aufnahmen bemerkte ich aber, dass der Pegel des Mikrofons von CAD gegenüber der Webcam etwas mehr als 5 dB geringer, das Mikro also leiser war. Zwar bieten die Programme für Video-Conferencing eine Pegelanhebung, aber dann hätte der Regler „voll aufgedreht“ sein müssen.

Niedrigen Pegeln bei Mikrofonen bin ich nicht zum ersten Mal begegnet. Doch als Elektroniker weiß man sich da zu helfen, weswegen ich auch schon Verstärker in Mikrofonen „nachgerüstet“ oder durch geänderte Bauteile die Verstärkung vorhandener Elektronik erhöht habe. Das sollte auch bei diesem Mikrofon möglich sein, oder?

Kaum gedacht, war das Mikrofon auch schon zerlegt, wie Bild 2 beweist.

Bild 2. Das neue Mikrofon in seine Einzelteile zerlegt.

Oben sieht man die eigentliche Mikrofon-Kapsel, deren Membran mit etwa 1/2” Durchmesser für mein Verständnis des Begriffs „Großmembran“ etwas klein ausfällt. Bild 3 zeigt die zu klein geratene Kapsel auch von hinten. Sei’s drum.

Bild 3. Das Innere des Mikrofons von vorn und von hinten.

Interessanter ist die Platine: Der Chip in der Mitte ist ein SoC mit Audio-Eingang und USB-Schnittstelle. Im Gegensatz zum seriellen EEPROM rechts unten ist das SoC wohl aus Geheimniskrämerei nicht beschriftet. Schade! Aber das kleine schwarze SMD-Dreibein oben ist ja der eigentliche Vorverstärker.

Eine erste Messung an den beiden Pads „-“ und „+“ oben in der Mitte zeigte, dass an der Mikrofonmembran exakt 0,0 V anlagen. Also keine Vorspannung. Damit muss es sich um ein Elektret-Kondensator-Mikrofon handeln. Ich war trotz des guten Klangs etwas enttäuscht. Das SMD-Dreibein entpuppte sich als „J35“, ein N-Kanal-JFET des Typs 2SK1109 mit einem Drain-Strom von etwa 200 µA bei kurzgeschlossenem Gate.

Impedanzwandler

Bild 4 zeigt den Ausschnitt der Platine rund um diesen JFET. Eine Impedanzwandlung ist nötig, da die Kapazität der Mikrofonmembran ja sehr niedrig und ihre Impedanz für Audiosignale sehr hoch ist. Dank Source-Schaltung verstärkt T1 – der Ansatz für einen höheren Ausgangspegel.

Bild 4. Beschriftete Detailaufnahme der Schaltung des Impedanzwandlers.

In Bild 5 ist die Schaltung der Bauteile von Bild 4 zu sehen. R2 dient zusammen mit C3 der Siebung der Versorgungsspannung. An R1 und R2 fallen zusammen etwa 1,7 V ab; der Drain-Strom beträgt also rund 245 µA.

Bild 5. Die Schaltung des Impedanzwandlers.

Was auffällt: Ohne die Gleichstromeinstellung zu gefährden kann man einfach R1 und R2 vertauschen und schon verdoppelt sich die Verstärkung (≈ +6 dB). Das macht keine Probleme, da der Tiefpass aus 2,2 kΩ und 22 µF immer noch bei guten 3,2 Hz liegt. Allerdings liegt dann der Tiefpass aus R1 = 4,7 kΩ und C1+C2+C4 bei unter 5 kHz. Das lässt sich ändern, indem man C2 oder C4 entfernt.

Resultate

Nach erfolgter Modifikation lag der Pegel jetzt sogar leicht über dem meiner Webcam und der Klang war unverändert. Der Eingriff ist also gut gegangen.

Nun interessierte mich, wie das geänderte CAD-Mikro im Vergleich mit anderen Mikrofonen so klingt. Also habe ich Aufzeichnungen davon, von meiner Webcam, von meinem MacBook Pro sowie von einem alten Billig-Mikrofon (Bild 6) und einer preiswerten, nackten Elektret-Mikrofonkapsel (Bild 7) gemacht.

Bild 6. Das Billig-Mikrofon Yoga EM240 mit eingebautem Vorverstärker.

Nicht ganz überraschend klang das MacBook pro (subjektiv) am schlechtesten. Das Fehlen von Bässen machte aus meiner sonoren eine eher blecherne Stimme. Beim Mikrofon von Yoga hatte ich schon vor Jahren einen rauscharmen Vorverstärker eingebaut, da es im Originalzustand trotz niedrigem Pegel zu viel rauschte.

Bild 7. Eine kleine Elektret-Kapsel mit einer 5-mm-Membran.

Damit Sie sich selbst einen Eindruck verschaffen können, habe ich kurze MP3-Dateien generiert, die Sie von der Elektor-Webseite zu diesem Artikel herunterladen können. Zu hören ist jeweils ein kurzer Satz und etwa eine Sekunde Rauschen – alles auf gleichen Pegel gebracht, sodass sich lediglich der Klang unterscheidet. Bild 8 zeigt die fünf verschiedenen Störpegel, jeweils um 30..40 dB verstärkt. Nur die Mikrofone von CAD, Logitech und Yoga zeigen „richtiges“ Rauschen. Beim Logitech ist zudem ein überlagertes Sirren zu hören, beim MacBook Pro HF und bei der Elektret-Kapsel ein Netzbrummen.

Bild 8. Unterschiedliche Störpegel der verschiedenen Mikrofone.

Fazit

Ob ich mit dem Klang des CAD-Mikrofons zufrieden bin? Meine Antwort könnte von Radio Eriwan sein: Im Prinzip ja, aber…

Einerseits wurde mir eine kleine als Großmembran verkauft. Papier und HTML ist eben geduldig. Auf der anderen Seite war es preiswert und tatsächlich besser als das Mikro der Webcam, und das ist doch schon mal was.

Übrigens: So ein Mikrofon bespricht man nicht von vorne, sondern wegen seiner Richtcharakteristik von der Seite, wie in Bild 9 gezeigt.

Bild 9. So ist das CAD-Mikrofon richtig positioniert: Rechts (oder links) neben dem Monitor.

 

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