In Mai habe ich Walter Arkesteijn nicht nur als begeisterten Unternehmer, sondern auch als Elektor-Liebhaber und Inspirator kennengelernt. Höchste Zeit, dachte ich mir, das Labor des Eindhovener Unternehmens InnoFaith Beauty Sciences zu besuchen, um herauszufinden, wie ihre High-End-Geräte zur Hautanalyse entstehen.

Um die Arbeitsweise der Hard- und Softwareentwickler von Innofaith zu verstehen, ist es sinnvoll, einen Blick auf die Firmenphilosophie zu werfen. Das ist im Hightech-Industriegebiet ESP im niederländischen Eindhoven nicht schwer. Wie bereits im vorangegangenen Artikel erläutert, sind Kreativität und Zusammenarbeit zentrale Faktoren im Unternehmen, und diese Fähigkeiten werden auf allen Ebenen umfassend und konsequent eingesetzt. Zum Beispiel tragen fast alle Mitarbeiter von InnoFaith zum „Look and Feel“ der App bei, die zu ihrem Hauptprodukt, dem Hautanalysegerät Observ 520x gehört. Wie Walter Arkesteijn betont, sind sich alle bewusst, dass sie ein technisch komplexes Produkt für hauptsächlich nicht-technische Benutzer entwickeln, die ihrerseits mit Kunden in einer Klinik oder an einem anderen Ort arbeiten, an dem Hautanalysen durchgeführt werden.


Trotz der großen Menge an internem und externem Input rund um das Produkt kommt es natürlich vor, dass die Techniker bei einem Problem um Hilfe bitten müssen oder bei einer Software- oder Hardwareentwicklung stecken bleiben. Arkesteijn beginnt dann mit ihnen zu „reflektieren“, ein Prozess, bei dem kurze Momente des Stoppens und Umkehrens in den Entwicklungsablauf eingefügt werden, bis ein Ausweg erfolgreich gefunden ist. Manchmal ergibt sich daraus sogar ein völlig neues (Teil-) Produkt oder (Software-) Modul, das zur späteren Verwendung ins Regal gestellt werden kann. Diese Gespräche sind also eher anregend als kritisch, was die Techniker sehr zu schätzen wissen. Die Kommunikationswege bei InnoFaith sind sehr kurz.

Eintreten in das Labors

Siedse Buijs ist leitender, multidisziplinärer Elektronikingenieur bei InnoFaith. Bei der Produktentwicklung arbeitet er hauptsächlich mit dem leitenden Ingenieur Han van Triest und den Softwareentwicklern Rowan Dings und Sander de Laat zusammen.

Bei einem Besuch im Bereich der Elektronikentwicklung von InnoFaith kann ich das Ergebnis des Spiels Software gegen Hardware erahnen, das auch Elektor-Lesern bekannt ist: 1:0. Oder vielleicht 2:1, aber auf jeden Fall zugunsten von Bits, Bytes und C++ gegenüber Transistoren und Lötrauch. Bei InnoFaith lautet die technische Devise: Vereinfache deine Hardware bis zum Äußersten und lass die Software und vor allem den Mikrocontroller die Arbeit machen.

Platine eines frühen Prototyps
Bild 1. Mit einfachen Einsen und Nullen und ein paar Transistorpaaren kann jede LED in einer Kette einzeln ein- und ausgeschaltet werden.

Ein schönes Beispiel ist die Steuerung einer Reihe von UV-LEDs, die in Ringform angeordnet sind. Siedse zeigt die Platine eines frühen Prototyps (Bild 1) und erklärt, dass man „alle LEDs schön einfach in Reihe schalten und sie durch eine Konstantstromsteuerung gleichmäßig leuchten lassen kann, aber was ist, wenn man ein oder zwei LEDs in einer solchen Kette ein- oder ausschalten möchte, um ein bestimmtes Lichtmuster statt eines Kreises zu erhalten?“ Die Antwort liegt auf der kreisförmigen Platine: kein Bauteilgrab mit großen Kühlkörpern, sondern ein Feld von SMD-MOSFETs, in dem softwaregesteuert jede einzelne LED abgeschaltet werden kann, ohne die Helligkeit der anderen zu verringern.

Das Konzept der „Kommunikation“ im Labor beschränkt sich nicht auf elektronische Bauteile, Busse und dergleichen - es gibt viele Auseinandersetzungen, Diskussionen und Brain-Stormings in einem lebhaften technischen Forum, in dem Siedse und seine Kollegen täglich mit viele externen Köpfen beraten, wie es in Bild 2 zu sehen ist.

InnoFaith Technikforum
Bild 2. Ich schaue nur im Technikforum nach, ob jemand eine Lösung für mein Problem kennt.

Das Observ 520x von InnoFaith

Han van Triest erklärt uns leidenschaftlich das Funktionsprinzip des Observ◦520x, dem Flaggschiff des Unternehmens, das weltweit unter dem Markennamen Sylton vertrieben wird. Sechs softwaregesteuerte UV-LEDs fungieren als Punktlichtquellen, die jeweils eine präzis geformte Reflektorschale beleuchten (Bild 3). Diese Untertassenform ist ein Meisterwerk der Optik und der Physik. Das Gesicht des Kunden kann mit diffusem Licht gut beleuchtet werden, da die Lichtquellen vollständig konfigurierbar sind.

InnoFaith Observ 520x
Bild 3. Ein Blick auf die Kunden-/Patientenseite des Observ 520x. Die Themen Optik und Elektronik verschmelzen hier auf sehr ästhetische Weise.

Für die Messung muss der Kunde den Kopf in einem optimalen Abstand zum Sensor halten. Dazu dienen eine Kinnstütze und eine interaktive „Einparkhilfe“, die dem Patienten/Kunden mit einem Strich auf einem superkleinen Display anzeigt: „nach oben bitte“ oder „nach unten bitte“ (Bild 4). Der genaue Abstand zwischen Kamera und Gesicht wird mit einer Ultraschallmessung ermittelt.

Das Bild des Gesichts wird von einer Apple-iPad-Kamera aufgenommen, die für ihre Zuverlässigkeit und stabile Bildausgabe besonders bei solchen Anwendung bekannt ist. Währenddessen sieht der Hautspezialist sowohl das Gesicht als auch die Balkenanzeige auf der App (in der Regel verwendet er ein Tablet), wo er auch die Lichtverteilung und -intensität einstellen oder eine bestimmte Aktion vom Patienten verlangen kann. Die UV-Dosis für den Patienten liegt natürlich im Rahmen der allgemein anerkannten Normen und wird genau erfasst.

InnoFaith Observ 520x App
Bild 4. Die interaktive Hilfe zur präzisen Kopfpositionierung und -stabilisierung im Observ 520x.

Die über die App bei verschiedenen Einstellungen gespeicherten Bilder können später oder vor Ort von einem Hautarzt oder einem Kosmetikberater analysiert werden. Außerdem können die vor und nach einer Hautbehandlung aufgenommenen Bilder leicht verglichen werden.

Die Elektronik (die Hardware) des Observ 520x ist absolut minimal; das meiste davon dient der Kommunikation mit der App über Bluetooth und mit der Außenwelt über WLAN.

Module = Kein Ärger

Unter den Entwicklern von InnoFaith gilt der Grundsatz der „minimalen Hardware“ auch für Elemente, die man besser als Module kauft als sie selbst zu entwickeln. Der (wohlüberlegte) Kauf und der Einsatz bewährter Komponenten wie eines Netzteils, eines Bluetooth- oder WLAN-Moduls (Bild 5) befreit weitgehend von Problemen mit Zertifizierungen, Einfuhrbestimmungen und Grenzkontrollen. Außerdem bleibt so mehr Zeit für die wirklich interessante Arbeit: die Entwicklung intelligenter Software für die Kommunikation mit diesen Modulen. Schnell, sicher und super zuverlässig – auch für Nicht-Techniker!

InnoFaith Dongles
Bild 5. Zertifizierte Standardmodule und „Dongles“ erleichtert die Entwicklung eines komplexen Geräts wie dem Hautanalysegerät Observ 520x.

Klar, ein Variac

Als einziges „Vintage“-Gerät zwischen all der Miniatur-Elektronik, den Mikrocontroller-Systemen und den hochmodernen Messinstrumenten im Entwicklungslabor von InnoFaith sticht der hellbraune, völlig veraltete Variac an Siedses Arbeitsplatz sofort ins Auge. Das schwere Gerät ist ein so genannter Stelltransformator ohne galvanische Netztrennung und dient vor allem dazu, Netzteile auf korrekte Ausgangsspannung und -strom zu überprüfen. „Solche Netzteile werden mit unseren Geräten geliefert und dann will man doch wissen, ob sie bei all den verschiedenen Netzspannungen auf der Welt wie 110 V, 115 V, 230 V, 240 V und so weiter die Spezifikationen erfüllen“, erklärt Siedse. „Jeder kann eine Spezifikation auf die Plastikschachtel drucken, aber messen heißt, es genau zu wissen. Bei einem solchen Steckernetzteil schaue ich mir die Stabilität, die Wärmeentwicklung, die Restwelligkeit und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Spannungsspitzen an - und das alles unter realen und Spitzenlastbedingungen. Ein alter Variac ist dafür einfach ideal.“ Auch wenn ein geeigneter Netzteiltyp gefunden und in großen Mengen gekauft wurde, prüft Siedse weiterhin Muster auf Herz und Nieren.

Klar, ein Variac
 

In Bild und Ton

Elektor hat der InnoFaith in Eindhoven einen Videobesuch abgestattet. Sie können das Video hier sehen: