Sie brauchen eine Fernbedienung für ein Projekt? Sicher, Sie können eine billige im Internet kaufen und sie sich innerhalb eines Tages nach Hause liefern lassen. Aber warum kaufen, wenn man selbst Hand anlegen kann?

Mein Freund Radi ist zwar nicht ganz unbeleckt von „Strom“, aber wenn es kniffelig wird, dann fragt er mich. Er hatte sich für seine Garage, in der er an Autos bastelt, einen gebrauchten Hebekran mit Kette für wenig Geld besorgt. Was fehlte, war die Fernbedienung, aber die gab es für noch weniger Geld neu aus China. Nicht ganz passend, aber getreu dem Motto: „Was nicht passt, das wird passend gemacht!“ versuchte er das Eine ans Andere anzuschließen. Also zeichnete er eine Skizze - und dann klingelte mein Telefon…

...„Kannst Du mal kurz auf meine Skizze schauen, die ich Dir grade gemailt habe, ob ich das so machen kann?“ war sein Anliegen. Ich wollte zunächst noch mehr Bilder, damit ich mir vorstellen konnte, wie das Problem konkret aussieht. Und auch die kamen kurz darauf per Mail. Zunächst zu Radis Skizze von Bild 1, die für seine Verhältnisse echt ordentlich ausgefallen war.

The wiring diagram
Bild 1. Das ist die Skizze der von Radi angedachten Verkabelung. Da sie so ungewöhnlich ordentlich war, musste zum Ausgleich mindestens noch der Schatten des fotografierenden iPhones mit aufs Bild ;-).

Das Problem am Problem bestand darin, dass am Motor schon ein ausreichend langes, flexibles und stabiles Kabel dran war, auf das Radi nicht verzichten wollte, obwohl es im Gegensatz zum steifen und popeligen Kabel der Fernbedienung nur vier Adern hatte. Der Motor sollte die Kette rauf- und runterfahren können und außerdem sollte über die vier Adern auch noch die Elektronik der Fernbedienung versorgt werden. Gar nicht so trivial, oder? Richtige Vollblut-Elektroniker wie ich rümpfen angesichts solcher Simpel-Elektrik die Nase und fühlen sich auf den ersten Blick völlig unterfordert. Doch zunächst einmal zum weiteren fotografischen Material.
 

B2 remote control
Bild 2. Die aus China angelieferte Kabel-Fernbedienung in knalligem Orange.

Fernbedienung

Bild 2 zeigt die fernöstliche Fernbedienung. Es sind sehr viel mehr Knöpfe drauf als benötigt werden. UP und DOWN hätten gereicht, aber einem preiswerten Kasten schaut man nicht auf die Tasten. Innendrin musste wohl Elektronik sein, denn das konfektionierte Kabel hatte viele Adern und noch mehr Knöpfe. Und diese Hypothese konnte bestätigt werden: Aus dem begrenzt aufschlussreichen Bild 3 kann man immerhin erkennen, dass da Relais drin stecken.

Open remote control
Bild 3. An diesem Foto der geöffneten Fernbedienung kann man immerhin erkennen, dass da Relais enthalten sind.
Remote back
Bild 4. Auf der Rückseite der Fernbedienung befindet sich eine Art Belegungsplan für das konfektionierte Kabel.
Es hat nicht viel geholfen.

Radi war bemüht und schickte mir noch ein weiteres Foto mit der etwas kryptischen Abbildung der Beschaltung der internen Anschlüsse (Bild 4). Schließlich kam auch noch ein Foto mit dem Motorkondensator (Bild 5), den er sich als Ersatz für das etwas antike Modell aus dem Kranmotor besorgt hatte. Soweit die Ausgangslage. Können Sie aus diesem Material ableiten, ob Radis Schaltungskonzept funktionieren würde?

Condensator
Bild 5. Der Ersatzkondensator, den Radi für den Motor aufgetrieben hatte.

Mir reichte diese Info noch nicht ganz. Nach einem Telefonat mit etlichen Nachfragen meinerseits wurde mir klar, dass es sich um einen zweiphasigen Kondensatormotor handelte. Und damit verfügt der Motor über zwei Wicklungen mit Mittelanzapfung, über die man die Drehrichtung umschalten kann, wenn man eine Wicklung direkt ans Netz und die jeweils andere über den Kondensator anschließt. Die beiden Kreise ganz oben in Radis Skizze mit dem Leiter dazwischen sollten einen Endschalter symbolisieren. Außerdem gab es noch einen Anschluss für den Schutzleiter am Gehäuse. Mit diesen Infos konnte ich dann etwas anfangen.

Schaltungsvarianten

Um besser verstehen zu können, was sich mein Freund bei seiner Skizze gedacht hatte, begann ich als ersten Schritt, seine Skizze ins Reine zu zeichnen und die Schaltung so anzupassen, dass sie prinzipiell funktionieren kann. Das Resultat führte zu Bild 6. Wie Sie sehen, lag Radi gar nicht so falsch. Lediglich den Endschalter im Motor hat er nicht vollständig eingebunden. Die Anschlüsse L und N an der Fernbedienung dienen der Versorgung ihrer Elektronik, damit die Relais bei Tastendruck auch anziehen können. Ich schickte ihm meine Reinzeichnung und dachte, dass damit das Problem erschlagen wäre.

Circuit
Bild 6. Meine Reinzeichnung von Radis Skizze. Ich habe noch den Endschalter eingebunden, damit der Motor an den Endpositionen schön abschaltet.

Wie das aber so ist, ging mir die Schaltung noch im Kopf herum. Problematisch an der gefundenen Lösung ist ja, dass der dicke, fette Kondensator irgendwo an die schlanke Fernbedienung rangeflanscht werden musste. Außerdem erinnerte ich mich, dass es vor Jahrzehnten in der Elektor-Redaktion eine stundenlange Diskussion um eine ziemlich einfache Schaltung gab, die es aber trotzdem in sich hatte. Ihre fünf möglichen logischen Zustände überforderten die im Gehirn dafür vorgesehenen Speicherplätze, wenn man damit gedanklich jonglieren wollte. „Das dürfte auch hier der Fall sein!“ dachte ich mir. Diese einfache Schaltung aus Motor mit zwei Wicklungen, Kondensator, Kabel mit vier Adern und zwei Relais mit Doppelkontakten ergeben wieder fünf Elemente, was die Angelegenheit wenig intuitiv macht.

Circuit new
Bild 7. Es geht doch! Die vereinfachte Schaltung kommt mit einem Kontakt pro Relais aus und der Kondensator wandert in den Motor.

Also setzte ich mich an den PC und knobelte an der Schaltung. Und alsbald ging mir ein Licht auf und ich sah plötzlich, dass man die Doppelkontakte gar nicht braucht. Und es gibt eine Möglichkeit, den Kondensator beim Motor zu platzieren, wo reichlich Platz am Gehäuse war. Das Ergebnis dieser Überlegungen zeigt Bild 7. Erstaunlich, wie simpel eine Lösung ausschauen kann, wenn man sie erst einmal gefunden hat!

Radi bekam also eine weitere Mail (mit der Schaltung in Bild 7) und einen Anruf von mir, denn die Komplimente für meine Rätselauflösung wollte ich mir schon abholen!

(220171-01)
 


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About the Author

Dr. Thomas Scherer war Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts für einige Jahre in der Elektor-Redaktion tätig und blieb Elektor seitdem treu verbunden. Er beschäftigt sich gerne und ausgiebig mit allen Arten von Elektronik und hat schon viele Artikel in Elektor geschrieben und bearbeitet.