Als ich die satt-schwarze Platine mit den vielen LEDs und konventionellen, gesockelten ICs im Elektor-Store sah, wurde ich neugierig. Eine Euro-Karte voller Elektronik im Stil der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts – ja war denn die Zeit stehen geblieben?

Der erste Satz der Beschreibung „The S1-MU Mk1 is a beautifully engineered 8-bit memory unit designed with classic 7400 series ICs“ (beim S1-MU Mk1 handelt es sich um eine wunderschön konstruierte 8-Bit-Speichereinheit mit klassischen ICs der Serie 7400) macht klar, wofür das Ganze gedacht ist. Also habe ich so ein Kit geordert, weil ich gerne löte und gerne auch nicht so technikbewanderten Zeitgenossen erkläre, wie ihr Handy funktioniert ;-).

Wissen erwerben

Bei Ihnen als Elektor-Leser kann ich ja sicher voraussetzen, dass Sie ein Bit von einem Byte unterscheiden können, oder etwa nicht? Auch was eine Von-Neumann-Architektur ist, sollte für einen Elektroniker mit abgeschlossener Ausbildung kein Fremdwort sein. Wenn Sie also wissen, dass praktisch alle modernen Computer Befehle und Daten für ein Programm quasi „gemischt“ im Speicher ablegen, wie Speicher im Prinzip adressiert, gelesen und beschrieben wird und wie ein Flip-Flop oder ein Zähler funktioniert, dann werden Sie leider nicht viel bei diesem Bausatz lernen können.

Aber trotzdem könnte dieses Kit etwas für Sie sein. Warum? Weil es toll ist, wenn man die Effekte der computertechnischen Grundlagen nicht nur abstrakt erklärt bekommt, sondern an konkreter und sinnlich erfahrbarer Hardware ausprobieren kann, wie Speicher ganz konkret funktionieren. So eine Platine ist sogar ganz besonders etwas für Sie, wenn Sie unterrichten. Zum Beispiel wenn Sie als Informatik-Lehrer vor einer Klasse Jugendlicher stehen, die zwar alle mehr oder weniger gut mit einem PC oder Laptop und ihrem Smartphone umgehen können und vielleicht sogar ein Tablet unter den Arm geklemmt haben, an dessen Handgelenk eine Smartwatch blinkt, aber nicht wirklich wissen, was bei diesen Wunderwerken der Technik im Innern so vor sich geht.

Die Platine ist auch dann genau richtig, wenn man es als Dozent mit „Frischlingen“ an technischen Fachhochschulen und Universitäten zu tun hat, denn dann können Sie weder voraussetzen, dass (alle) Studenten wissen, wo man einen Lötkolben anfassen muss, noch wie Halbleiter und die darauf aufbauenden modernen Computer-Chips funktionieren. Mit solchen „echt funktionierenden“ Demo-Platinen vermittelt sich das wesentlich eindrucksvoller als nur via Bildschirm.

ARITH-MATIC

Die kleine Firma dieses Namens stellt Bausätze her, die Technik anschaulich und anfassbar machen. Die Speicher-Platine S1-MU (von Memory Unit) ist nicht das erste Lern-Kit. Mit dem Modell S1-AU gab es schon eine „Arithmetic Unit“, ein vereinfachtes 4-bit-Computer-Model, mit dem man rechnen kann (Bild 1).

Bild 1. Die Platine S1-AU kann sogar rechnen (Bild: ARITH-MATIC).

Bei der Speichereinheit S1-MU geht es um den nur auf den ersten Blick trivialen Umgang mit Daten in einem Speicher. Und es wird mit dem Modul „STEM-X1“ noch ein drittes Kit geben, das einen 4-bit-Addierer/Subtrahierer beherbergt. Die Kits kommen jeweils in Form einer Tüte mit Bauteilen und Platine(n). Man braucht also einen Lötkolben und kann sich für Experimente auf eine passende Anleitung pro Modul stützen. Unter [1] kann man die einzelnen Anleitungen als PDF-Datei (in englischer Sprache) herunterladen. Die Manuals enthalten auch detaillierte Aufbau-Hinweise, falls man Kinder, Jugendliche oder Studenten (unter Aufsicht) selbst löten lassen will, um einen besonders intensiven Lerneffekt zu erzielen.

Für das ebenfalls im Elektor-Store erhältliche Kit S1-AU gibt es noch ein Video auf Youtube

Aufbau

Wie schon erwähnt, ist im Manual auch eine detaillierte Aufbauanleitung enthalten. Mit minimaler Erfahrung im Löten oder mit Beistand eines „Löterfahrenen“ bekommt man das aber auch ohne vertiefte Lektüre hin. Es sind ja schließlich alles bedrahtete Bauelemente und für alle ICs Sockel vorhanden, was spätere Reparaturen einfach macht, falls der Überschwang etwas gegrillt hat.

Bild 2 zeigt, was man für knapp 70 € bekommt: Eine Plastiktüte mit jeder Menge Kleinteilen.

Bild 2. Kit in a bag...

In Bild 3 sieht man den kompletten Inhalt schön ausgebreitet.

Bild 3. Der ausgebreitete Lieferumfang.

Neben der eigentlichen Platine liegt darunter noch eine komplett schwarze Platine ohne Kupfer, die man als Isolation nach der Bestückung unter die eigentliche Platine schraubt. Das USB-Kabel dient der Stromversorgung – entweder via PC oder von einem kleinen USB-Netzteil. Dank „alter“ Logik-ICs der 7400-Serie sind 5 V ja gerade richtig.

In der Mitte oben sieht man die ICs und darunter die zugehörigen Fassungen und ganz unten die Widerstände. Es gibt nur zwei Werte: 150 Ω als Vorwiderstand für die LEDs und noch ein paar 10-kΩ-Exemplare. Unter dem Tütchen mit den roten LEDs sieht man die restlichen Bauteile und Schrauben – alles gute Standard-Qualität (Bild 4).

Bild 4. Ein paar Teile befreit aus ihrer Tüte.

Bestückt sieht die Platine so aus wie in Bild 5.

Bild 5. Das fertig bestückte Board. Die Widerstände sind etwas eng gesteckt.

Und sie hat auf Anhieb funktioniert, was aber angesichts der vielen Meter Lötzinn, die ich in meinem Elektronikerleben schon verflüssigt habe, kein Wunder ist. Der Aufbau gestaltete sich (fast) einfach. Warum nur „fast“, lesen Sie gleich…

Fazit

Alles in allem ist das SK1-MU ein schönes Speicher-Modell „in groß“, mit dem sich die grundlegende Funktion eines RAM (= Speichers mit wahlfreiem Zugriff) schön demonstrieren lässt. In meinen Augen ist das Kit ein gelungenes Demonstrationsobjekt für die Vermittlung von Computer-Grundlagen vor allen Dingen für Unterrichtszwecke – da gibt es kaum etwas zu bemäkeln. Natürlich muss jeder selbst wissen, ob der Preis des Kits seinen privaten Einsatz rechtfertigt, wenn man z.B. seinem Nachwuchs etwas technisches Know-How gönnen möchte.

Was mich beim Aufbau gestört hat, das ist das Rastermaß für die Widerstände. Mit 7,5 mm (3/10‘‘) ist eindeutig zu knapp. Da muss man die Beinchen der Widerstände schon drastisch eng biegen, was der Lebensdauer nicht bekommt. Eigentlich kann ich mich nur wundern, dass das bei dem hohen Aufwand für die Platine nicht aufgefallen ist. Platz für ein Rastermaß von 10 mm wäre im Überfluss da – sogar (unnötige) 12,5 mm wären möglich gewesen. Das war das „fast“. Letztlich aber war es nur ein kleines Hindernis auf dem Weg zur funktionierenden Platine.

 

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