Die Vorschriften
Alle elektronischen Geräte müssen so konstruiert sein, daß sie die Bedingungen der Deutschen Industrie Norm DIN IEC 100 ff erfüllen. Die Vorschriften sollen der Gefahr eines elektrischen Schlages bei bestimmungsgemäßen Gebrauch und im Fehlerfall vorbeugen. Dazu muß die Berührung von Teilen, die spannungsführend sind oder bei einem Fehler spannungsführend werden können, durch den Einsatz von Kapselung oder Abdeckungen oder durch das Anbringen dieser Teile an unzugänglichenn Stellen ausgeschlossen werden. Eine Alternative stellt die Beschränkung von Spannungen und Strömen an Teilen, die absichtlich oder zufällig berührt werden können, durch eine Spannungs- und/oder Strombegrenzung oder Erdung dar. Die Höhe des Stroms, der für den menschlichen Körper gefährlich werden kann, schwankt individuell je nach Art des Anschlusses an den Körper, der Frequenz und der Zeitspanne des Stromflusses. Geräte mit Netzspannungsanschluß werden in drei Schutzklassen eingeteilt.

- Klasse I
Geräte der Schutzklasse I sind dadurch gekennzeichnet, daß ihre berührbaren leitfähigen Teile, die im Falle des Versagens der Basisisolierung berührgefährlich werden können, mit dem Schutzleiter des Netzes verbunden sind. Ein zusätzlicher Schutz ist dadurch gegeben, daß alle berührbaren leitfähigen Teile durch ein (unter Umständen flexibles) Kabel an den (grün/gelben) Schutzleiter der festverlegten Installation angeschlossen sind. So kann kein Teil beim Ausfall der Basisisolierung spannungsführend werden. Besitzt das Gerät eine abnehmbare Anschlußleitung, muß auch der Gerätestecker einen voreilenden Schutzkontakt besitzen. Der grün/gelbe Schutzleiter darf niemals für eine andere Aufgabe als der des Schutzleiters eingesetzt werden und keinen kleineren Querschnitt als die Versorgungsleiter haben. Zusätzlich zu dieser Maßnahme können Geräte der Schu.tzklasse I Teile mit doppelter oder verstärkter Isolierung enthalten. Auch Teile, die mit Schutzkleinspannung oder durch Schutzimpedanz geschützt sind (wenn leitfähige Teile berührt werden müssen), sind möglich.

- Klasse II

Auch bei Geräten der Schutzklasse II, bei denen die Möglichkeit eines Schutzleiteranschlusses fehlt, hängt der Schutz nicht nur von der Basisisolierung ab, sondern auch von zusätzlichen Maßnahmen. Eine mögliche Maßnahme kann die Verwendung eines im wesentlichen zusammenhängenden Gehäuses aus nichtleitendem Material sein, das alle leitfähigen Teile umfaßt. Berührbare Schilder, Schrauben oder Nieten müssen in gleicher Qualität gegen spannungsführende Teile isoliert sein. Wird das Gerät dagegen in einem im wesentlichen zusammenhängenden leitfähigen Gehäuse untergebracht, muß beim Netzteil durchweg eine doppelte Isolierung angewendet werden. Eine Ausnahme stellt die verstärkte Isolierung dar, die dann angewandt wird, wenn eine doppelte Isolierung unmöglich ist. Natürlich können auch Kombinationen zwischen isolierenden und leitenden Gehäusen eingesetzt werden, die diese Bedingung erfüllen. Es ist unzulässig, die Zusatzisolation durch nichtleitende Schrauben, Muttern oder Montageteile erreichen zu wollen. Bei einer möglichen Reparatur könnte es durch Vertauschung zur Aufhebung der Zusatzisolation kommen.

- Klasse III
Geräte mit der Schutzklasse III werden ausschließlich aus besonders zuverlässigen Stromquellen mit Schutzkleinspannung gespeist. Ortsveränderliche Transformatoren müssen schutzisoliert und gemäß DIN VDE 0551 ausgeführt sein. Aktive Teile, die betriebsmäßig Spannung führen, dürfen nicht mit dem Schutzleiter, der Erde oder mit aktiven Leitern anderer Stromkreise verbunden sein. Stecker an Geräten der Schutzklasse III dürfen keinen Schutzleiteranschluß besitzen und auch nicht in Steckdosen für höhere Spannung passen. Wenn die Versorgungsspannung unter 25 V Wechselspannung oder unter 60 V Gleichspannung liegt, kann sogar auf jeden Schutz gegen direkte Berührung verzichtet werden. Geräte mit Schutzklasse III, die mit Spannungen bis 50 VAC oder 120 VDC betrieben werden (dies sind die Maximalspannungen für Geräte der Schutzklasse III), müssen mit einem Schutz gegen direktes Berühren versehen sein. Die Netzteile aller drei Schutzklassen müssen zusätzlich zur Basisisolierung mit einer weiteren, den Anforderungen der jeweiligen Schutzklasse entsprechenden Schutzmaßnahme versehen sein.

Praktische Hinweise
- Netzdurchführung
In der Praxis betreffen diese Sicherheitsvorschriften vor allem den Umgang mit der 230-V-Netzspannung. Oberstes Gebot sollte es sein, die netzspannungsführenden Teile so kompakt und stabil wie möglich zu halten. Dies kann durch komplette Netzspannungsgerätestecker, wie sie im Foto zu sehen sind, erreicht werden. Diese Stecker sind mit und ohne Schutzleiteranschluß und teilweise mit integrierter Primärsicherung und Netzschalter im Handel. Verzichtet man auf diese Netzspannungsgerätestecker, muß das Netzkabel mit einer wirksamen Zugentlastung ausgestattet sein. Bei Klasse-I-Geräten wird der gelb/grüne Schutzleiter direkt neben der Durchführung leitend mit dem Gehäuse und - wenn möglich - mit dem Trafokern verbunden.
–Schalter
Bei der Auswahl des Netzschalters ist zunächst auf die nötige Spannungsfestigkeit von 250 V Wechselspannung zu achten. Diese Information findet man üblicherweise auf der Rückseite des Schalters, ebenso wie die Angabe über den maximalen Strom. Der geklammerte Wert bezeichnet den maximalen Strom bei induktiver oder kapazitiver Last. Schließt man beispielsweise einen Motor als Last an, ist der niedrigere Wert gültig. Die auf den Schaltern angegebene Spannung ist die Schaltspannung und betrifft nicht den Berührschutz. Im Bereich des Netzteils sollten nur Bauteile (Netzschalter, Sicherungsschalter etc.) mit VDE-Zeichen verwendet werden, da nur dieses Zeichen die Einhaltung der Kriech- und Luftstrecken nach außen garantiert. Alle Netzschalter müssen zweipolig sein, wenn nicht mindestens eine der drei folgenden Bedingungen gegeben ist:
1) Ein einpoliger Netzschalter schaltet einen Netztransformator mit galvanisch getrennter Primär- und Sekundärwicklung.
2) Ein Funktionsschalter mit ausreichender Spannungsfestigkeit kann verwendet werden, wenn der Netztrafo getrennte Wicklungen besitzt, zusätzlich die Leistung des Gerätes weniger als 10 W beträgt und deutlich sichtbar angezeigt wird, daß die Netzspannung angeschlossen ist. 3) Kein Netzschalter ist notwendig, wenn die Leistungsaufnahme bei normalem Gebrauch nicht über 10 W liegt, wie dies beispielsweise bei Uhren, Antennenverstärkern oder anderen Geräten für den kontinuierlichen Gebrauch der Fall ist. Schmelzsicherungen und Bauteile von Netzentstörfiltern müssen nicht, können und sollten aber, wenn möglich, mit ausgeschaltet werden.
- Verdrahtung
Die Verdrahtung der netzspannungsführenden Teile erfordert erhöhte Aufmerksamkeit. Das Netzkabel muß einen Querschnitt von mindestens 2·0,75 mm2 und eine Isolationsschicht von 0,4mm Stärke aufweisen. Der Schutzleiter darf nicht dünner als die Außenleiter sein. Wenn möglich, sind doppelt isolierte Netzkabel (beispielsweise NYLHY) einfach isolierten (wie NYFAZ) vorzuziehen. Die Adern können - wenn an der Kabeldurchführung entsprechend isolierte Lötstützpunkte vorhanden sind - verlötet, mit AMP-Steckschuhen am Netzstecker angebracht oder an (Platinen-) Lüsterklemmen festgeschraubt werden. Keinesfalls sollte man das Netzkabel direkt auf die Platine löten oder einer mechanischen Spannung aussetzen. Litzenenden, die in einer Lüster- oder Platinenklemme verschraubt werden, müssen einen Spleißschutz (Aderendhülsen) haben. Verzinnen und Verdrehen ist als Spleißschutz ungeeignet und unzulässig. Bei Klasse-I-Geräten ist darauf zu achten, daß der Schutzleiter mit allen berührbaren leitfähigen Teilen, also auch Potiachsen und Kühlkörpern verbunden ist. Weiterhin ist für eine ausreichende Entlüftung elektronischer Baugruppen zu sorgen. Lassen Sie, wenn im Schaltplan vorhanden, niemals eine Schmelzsicherung weg. Bei Eigenkonstruktionen liegt der Maximalstrom der trägen Primärsicherung etwa 25 % über dem Nominalstrom. Muß sekundär abgesichert werden, ist der Maximalstrom der schnellen (bei induktiver oder kapazitiver Belastung auch mittelträgen oder trägen) Sicherung gleich dem Nominalstrom des Gerätes.
- Transformatoren
Netztransformatoren, die für den Einbau in elektronische Geräte vorgesehen sind, besitzen in den meisten Fällen keine Schutzklasse, sondern sind nur vorbereitet für Schutzklasse I. Transformatoren, die die Kennzeichnung vorbereitet für Schutzklasse II tragen, können bei entsprechenden Maßnahmen auch für Klasse-I-Geräte verwendet werden.

Messen und Testen
Bei Eingriffen in das Gerät zu Meß-, Test- oder Reparaturzwecken müssen besondere Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Das Gerät speist man dann möglichst über einen Sicherheits-Trenntransformator gemäß VDE DIN 0550. An einen Trenntrafo darf nur ein Verbraucher (max. 16 A) angeschlossen werden. Außerdem sollte jeder Arbeitsplatz mit einem Personenschutzschalter ausgestattet sein. Ein Fehlerstrom-Schutzschalter (FI-Schalter) mit einem Auslösestrom von 30 mA im Sicherungskasten verspricht ebenfalls ausreichende Sicherheit

Beispiel für ein Klasse-II-Gerät
1 Netzkabel mit angegossenem 2-poligen Eurostecker
2 Zugentlastung
3 Sicherungshalter
4 2-poliger Netzschalter (für Klasse II geeignet)
5 Befestigung am Netzschalter durch AMP-Kabelschuhen und Zugentlastung
6 Netzkabel mit doppelter Isolierung
7 Abstand zwischen Primäranschlüssen zum Trafokern oder anderen Bauteilen mindestens 6 mm (bei Sekundärspannungen <250 V)
8 Kabel mit mindestens 2·0,75 mm2 Kupferquerschnitt und 0,4 mm Isolation bei Stromaufnahme <6 A.
9 Platine wird sicher am und in ausreichendem Abstand (>6 mm) vom Gehäuseboden befestigt.
10 Berührbare Teile (Potiachsen, Buchsen) dürfen leitend mit dem Gehäuse verbunden werden.
11 Kunststoffgehäuse. Bei Metallgehäusen ist eine doppelte Isolation des Primär- vom Sekundärkreis notwendig.