Neben LoRa und Sigfox bieten sich natürlich auch die Mobilfunknetze an, IoT-Sensordaten zu übertragen. Der Umstieg von EDGE auf UMTS war hierbei von Vorteil: Die Verwendung eines schnelleren Sendesystems kann unterm Strich besser sein als die eines energiesparsameren, aber langsameren. Die immensen Bandbreiten- und Energiebedürfnisse von 4G/LTE aber sorgen dafür, dass diese alte Gleichung nicht mehr so wirklich gilt. Der Stromverbrauch der Transmitter ist wesentlich höher, dazu kommen höhere Preise der Module. Dennoch kann es sich lohnen.

Im Rahmen der allgemein und unwissenschaftlich als LTE bezeichneten Spezifikation 3GPP Release 13 spezifizierte die GSM Association gleich zwei Systeme für das Internet der Dinge – einerseits Narrowband Internet of Things (NB-IoT), andererseits auch LTE-M, das auch als LTE Cat-M1 oder eMTC bezeichnet wird.

Während LTE-M im Prinzip nur ein „kleineres“ LTE (= 4G) mit einer Bandbreite von 1,4 MHz ist, handelt es sich bei NB-IoT um einen dedizierten Funkstandard für das Internet der Dinge. Der wichtigste Unterschied zeigt sich darin, dass LTE-M über VoLTE auch die Sprachübertragung unterstützt, während ein NB-IoT-System ausschließlich Datenmitteilungen überträgt.

NB-IoT nutzt in seinen nur 180 kHz breiten Kanälen eine Untermenge der in der LTE-Vollversion implementierten Verfahren. Im Uplink kommt eine einfache Version der Frequency Division Multiple Access (FDMA) zum Einsatz, für den Downlink setzt man auf Orthogonal FDMA (OFDMA). Das verwendete Modulationsverfahren Quadrature Phase Shift Keying (QPSK) benötigt aus rechentechnischer Sicht keinen großen Hardware-Aufwand.

Angemerkt sei noch, dass die Einführung von NB-IoT für den Carrier im Allgemeinen „nur“ die Kosten für die neue Hardware verursacht. Aufgrund der extrem geringen Bandbreite passt NB-IoT komfortabel in das Guard Band, das die LTE-Frequenzpakete umfasst. Andererseits ist es natürlich auch erlaubt, NB-IoT im Standalone-Betrieb zu nutzen.
 

Performance im Blick

Der technisch interessanteste Funkstandard hilft nichts, wenn die Übertragungsleistung nicht für die vorgesehene Aufgabe ausreicht. Im Fall von NB-IoT kommt es auf die Version an, denn es gibt Unterschiede zwischen LTE Cat NB1 (Release 13) und LTE Cat NB2 (Release 14). Während die ältere Version im Upstream nur 26 kbit/s schafft, ist Cat NB2 mit 127 kbit/s im Upstream und 159 kbit/s im Downstream deutlich schneller. Zum Vergleich: Klassisches, also Nicht-HSDPA-3G kam in der Anfangszeit auf 380 kbit/s. LTE Cat M1 arbeitet derweil im Up- and Downstream mit rund 1 Mbit/s, Release 14 erweitert auf 4 Mbit/s Upstream und 7 Mbit/s Downstream.

Massiv sind die Unterschiede im Bereich der Latenz: Während LTE-M meist mit 15 ms auskommt, wird bei NB-IoT als „Arbeitsband“ 1,6 s bis 10 s (!) avisiert. Der Modulhersteller Sierra Wireless, der vor allem in den USA beliebt ist, fasst die Lage folgendermaßen zusammen:

Another important fact to consider is that there are no NB-IoT use cases that LTE-M can’t also support. In other words, LTE-M supports any LPWA application, whereas NB-IoT is designed for simpler static sensor type applications.

Nur in der Version 2 des NB-IoT-Standards findet sich zudem eine Unterstützung für vom Netzbetreiber angebotene Positionierung. Wenn das Modul über kein GPS verfügt oder man eine externe Antenne einsparen möchte, lassen sich auf diese Weise grundlegende Positionsdaten erhalten. Release 14 beschleunigt zudem die Zellen-Neusuche, was besonders für in Bewegung befindliche Geräte von Vorteil ist. Trotz dieser neuen Vorteile von Cat NB2 bleibt LTE-M erste Wahl für Automotive und Co., da die Zellenübergabe hier „intelligenter“ gelöst ist. Die letzte Verbesserung betrifft die Sendeenergie: Nur in Release 14 sind Super-Low-Power-Sender erlaubt, die ihre Arbeit mit nur 14 dBm erledigen.

Wer einmal ein 4G-Modul für Verizon entworfen hat, fragt an dieser Stelle instinktiv nach den verwendeten Bändern. Das nur für Nordamerika wichtige Band 13 hat schon mehr als einem asiatischen oder europäischen Modulanbieter Probleme verursacht. Im Deployment Guide der GSM Association findet sich die Tabelle 1. Achten Sie darauf, dass Ihr auserwähltes Modul alle Bänder unterstützt, die ihr Wunsch-Carrier verwendet!

Tabelle 1. Frequenzbänder.
Region Bänder
Europa 3, 8, 20
(Ehemalige) GuS-Staaten 3, 8, 20
Nordamerika  2, 4, 5, 12, 66, 71, 26
Asien, Pazifik (APAC) 1, 3, 5, 8, 18, 20, 26, 28
Sub-Sahara-Afrika  3, 8
Naher Osten und Teile Nordamerikas 8, 20
Lateinamerika 2, 3, 5, 29


Verfügbarkeit und Verträge

Funkstandards haben logischerweise nur dann Sinn, wenn sie auch praktisch verfügbar sind. Im Fall der beiden IoT-Funkstandards empfiehlt sich die interaktive Weltkarte der GSM Association in Bild 1 (Stand September 2021). Mexiko ist dabei das einzige Land, wo es (wohl wegen der höheren Reichweite) nur CAT-M gibt; insbesondere in den Flächenstaaten Asiens, witzigerweise aber auch in Osteuropa ist „NB-IoT Only“ weiter verbreitet. In den hochindustralisierten Regionen Europas, Nordamerikas, Asiens und Australien und Ozeaniens stehen beide Varianten zur Verfügung.

Bild 1. Die Abdeckung von Nur-CAT-M (rot) und Nur-NB-IOT (blau) im geographischen Vergleich.

CAT-M-Verträge sind dabei im Allgemeinen gewöhnliche Verträge, bei denen der Volumenverbrauch und die Anzahl der SIM-Karten über die Gesamtkosten entscheiden. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass ein IoT-Provider wie PodGroup einer im Handel frei gekauften Prepaid-SIM in Kostenfragen oft überlegen ist.

Dass NB-IoT keinen Einschränkungen bezüglich des Duty Cycles unterliegt, bestätigt sich sich in der Beratungspraxis des Autors übrigens nicht. Spricht man mit dem Mobilfunkanbieter über IoT-Connectivity, ist und bleibt es Verhandlungssache und man bekommt nur allzu bald temporale Paket-Mengengrenzen auferlegt. Genaue Bestimmungen legen die Betreiber allerdings nur recht selten offen, weshalb das folgende Statement von T-Mobile USA Seltenheitswert genießt:

Join the first nationwide NB-IoT network to power asset tracking, connected cities, and more. Limited time offer; subject to change. Taxes and fees may be additional. Plan includes 10 single-packet transactions per hour at up to 64 Kbps, up to 12 MB. Full service payment due at activation.

Interessanterweise handelt es sich dabei um eine Einzelmeinung – von Seiten der Hutchison Holding Ltd wurde bestätigt, dass man (bei im Rahmen bleibendem) Datenverkehr auch das gesamte Volumen an einem Tag verfeuern darf. Tom Tesch, der österreichische Pressesprecher von Hutchison, meint dazu:

Die Datenrate von NB-IoT ist – entsprechend des Standards – sehr gering und vorrangig geeignet, um einzelne Messwerte oder Stati zu übertragen. Aus diesem Grund werden für NB-IoT Geräte sehr selten mehr als 5-10 MB pro Monat benötigt. Für bandbreitenintensive Anwendungen – zum Beispiel Übertragung von Bildern oder Videos – sind 3G/4G und natürlich 5G die geeigneteren Technologien. Aktuell gibt es keine Begrenzungen, wann das Volumen genutzt werden darf/ kann – es kann daher auch alles an einem Tag verbraucht werden.
 

Wie beginnen?

Nach diesem grundlegenden Überlegungen ist es an der Zeit, darüber nachzudenken, wie man NB-IoT in praktische Systeme einbinden kann. Logischerweise ist die Entwicklung eines „hauseigenen“ Modems für das durchschnittliche Unternehmen nicht machbar - das „Design in” von Funkmodulen haben wir Ihnen in der Vergangenheit, beispielsweise in Elektor 5-6/2021, detailliert vorgestellt.

Falls Sie nicht sofort mit der Entwicklung eines eigenen Boards beginnen möchten, bietet sich - die Verfügbarkeit von Qualcomm-Chips erweist sich hierbei als Problem - die Verwendung „schlüsselfertiger“ Evaluation-Boards an.

Neben dem NBIOT-BG96-SHIELD von Avnet, das ein BG96-Modul von Quectel integriert, gibt es mit dem 5G NB IoT click ein Board von MikroElektronika, das ein Cinterion-Modul zur Verfügung stellt. Arduino schickt mit dem MKR NB 1500 ebenfalls eine kleine Evaluationsplatine ins Rennen - beide Boards kosten allerdings mehr als 50 Dollar.

Mag ein Evaluation-Board in vielen Fällen noch mit einer SIM ausgeliefert werden, so ist das massive Rollout von auf NB-IoT basierenden Lösungen alles andere als einfach. Ursache dafür ist, dass Netzbetreiber die Technologie noch nicht für Endkunden „paketiert“ haben. Dies wird von den Betreibern auch offen zugegeben, wie das Statement von Hutchison zeigt:

NB-IoT ist ein sehr junges und neuartiges Netzwerk. Da es kaum noch Geräte am Markt gibt, handelt es sich bei der Zielgruppe vorwiegend um Geschäftskunden aus der Hardware- (und Software-)Entwicklung. Das heißt, dass unser Angebot sich aktuell daher auch ausschließlich an Geschäftskunden richtet, für die wir in Zuge einer Beratung ein individuellen Angebot erstellen.

Bei der Arbeit mit „gewöhnlichen“ 2G/3G/4G-Systemen bietet die Nutzung von „virtuellen“ Mobilfunkanbietern wie der PodGroup einen Ausweg. Eine diesbezügliche Anfrage wurde dahingehend beantwortet, dass sich NB-IoT derzeit - insbesondere für „globale“ Lösungen, die mit einer einzelnen SIM-Karte auskommen müssen - noch nicht wirklich eignet.

Ursache dafür ist, dass erstens das NB-IoT-Rollout selbst nur vergleichsweise eingeschränkt ist und zweitens die Roamingverträge zwischen den verschiedenen Netzbetreibern im Allgemeinen (noch) nicht an den neuen NB-IoT-Funkstandard angepasst wurden. Analog zum Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Staaten gilt auch hier, dass solche Anpassungen sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. „Internationales“ NB-IoT-Roaming steckt also noch in den Kinderschuhen!
 

Lohnt es sich? 

Die Suche nach einem praktischen Modul, das nur NB-IoT anbietet, ist eine durchaus haarige Angelegenheit. Bei Quectel gibt es selbst bei der kleinsten BC660-Serie zwei Varianten: die eine nur mit NB-IoT, die andere mit eMTC und NB-IoT. Auch in größeren Systemen wie dem Bestseller BG95/BG96 sind beide Funkstandards vertreten. Gängige Marktpreise für die Module findet man nur bei SoS Electronic: das BC660K-GL kostet 7,63 € in Einzelstückzahlen, die Version mit LTE-M und NB-IoT ist dort nicht im Programm. Ein BG96 kostet dort 19 €.

Ergiebiger wird die Jagd bei u-blox. Mit der SARA-N3-Modulfamilie steht ein ausschließlich für die NB-IoT-Protokollfamilie vorgesehenes Modul zur Verfügung, einen reinen CAT-M-Chip bieten die Schweizer indes nicht an (siehe Bild 2).

undefined
Bild 2. Die Suche nach einem reinen CAT-M-Modul ist unergiebig.

Bei Gemalto – seit der Übernahme durch Thales ist die Webseite verwirrender als je zuvor – gibt es mit dem EMS31 ein reines CAT-M-Modul, während der ENS22 ein im selben Formfaktor gehaltenes reines NB-IoT-Modul ist. Der tschechische Distributor Sectron ermöglicht einen Vergleich der Kosten: der EMS31 kostet 14 €, der ENS22 dagegen nur 8 €.

In den als Hardware Interface Description bezeichneten Datenblättern finden sich dann auch (verklausulierte) Informationen zum Stromverbrauch. Der höchstmögliche Stromverbrauch des EMS31 tritt bei der Arbeit im Band 4 auf und liegt (bei 3,8 V Versorgungsspannung) bei 239 mA. Für den ENS22 werden im Band 28 als Höchststrom 404 mA aufgeführt, wobei allerdings zu beachten ist, dass Funkmodule diese Peaks oft nur für sehr kurze Zeit benötigen.
 

Was springt für Sie heraus?

NB-IoT funktioniert aus technischer Sicht problemlos; hat man einen Carrier unter Vertrag genommen, so beschränkt sich der Aufwand für den Netzbetrieb (anders als bei einem hauseigenen LoraWAN) auf einen Anruf beim Anwalt. Der vergleichsweise geringe Spitzen- und Ruhestromverbrauch der Module trägt zudem zu geringen Kosten für die Energieversorgung bei.

Ob sich die Sache am Ende wirklich lohnt, ist – analog zu Parade-Steueroasen wie Dubai oder Monaco – vor allem eine Sache der Skalierung. Wer fünf Modems im Jahr kauft, fährt mit einem „vollen“ und vielleicht um ein paar Euro teureren 4G-Modul samt dickerem Schaltregler besser: Die traurige Lebenserfahrung des Autors zeigt nämlich, dass man in der Praxis immer wieder den „anderen“ Funkstandard braucht, schon deshalb, weil am Ende doch nicht jeder Funkturm jeden Funkstandard unterstützt.

Beim Kauf von 50.000 Modems, die alle an einen Kunden gehen, sieht die Sache natürlich anders aus. Braucht das Bürgermeisteramt von Großdorf am Klapotetz (Bild 3) NB-IoT, so wird der lokale Carrier wahrscheinlich aufrüsten – und die eingesparten Dollars helfen bei der großen Stückzahl.

Bild 3. Traditionelles steierisches Windrad als Vogelscheuche (Quelle: Martin Geisler, CC BY-SA 4.0 [7]).

 

Sie haben Fragen oder Kommentare?

Haben Sie technische Fragen oder Kommentare zu diesem Artikel? Schicken Sie eine E-Mail an den Autor unter tamhan@tamoggemon.com oder an die Redaktion unter redaktion@elektor.de.