Robert Sontheimers Buch Arduino & Co - Messen, Schalten und Tüfteln wurde nach seinem Erfolg als deutsches Buch vor Kurzem auch auf Englisch veröffentlicht, und nun wird auch eine neue Ausgabe der deutschen Fassung erscheinen. Der Autor verfolgt einen einzigartigen Ansatz, um einige clevere „Hacks“ für das ATmega328P-bestückte Arduino Pro Mini-Board (oder ein kompatibles Board) zu entwickeln. Das Ergebnis ist ein Buch, das eine kuratierte Sammlung von Themen ist, von der Einführung über Transistoren und eine Vielzahl von Sensoren bis hin zu einer kompletten Lithium-Ionen-Lade- und Teststation, um nur einige zu nennen.

Arduino & Co
Robert Sontheimer

Wir wollten mehr über den Hintergrund erfahren, der seine Inspiration und Kreativität antreibt, und baten ihn daher um dieses Interview.

In Ihrem aktuellen Buch geht es rund um den ATmega328 Mikrocontroller und das Pro Mini Board. Für wen ist dieses Buch? Wo sehen Sie die Zielgruppe? Eher Elektroniker, Elektronik-Bastler, oder Leute die vom Programmieren her kommen? Eher Anfänger oder Fortgeschrittene?

Ich denke, das Buch hat allen viel zu bieten. Ich erkläre zunächst die verschiedenen ATmega328 Boards, die Arduino-Plattform und dann (so wie man’s im jeweiligen Projekt braucht) Schritt für Schritt die Programmiersprache – ebenso aber auch die elektronische Seite, wie man mit welchem Transistor verschiedene Komponenten optimal schaltet, analoge und digitale Signale liest u.s.w.

Das Buch geht thematisch durch alle Gebiete rund um den Arduino, wobei sich Programmierung, Elektronik und praktische Projekte abwechseln, so wie es passt. Dabei hab’ ich mich sehr bemüht, durch ein ansprechendes Design mit vielen Bildern, Zeichnungen und Fotos keine trockene Lektüre zu schreiben, sondern ein Buch das an jeder Stelle Lust zum Weiterlesen macht.

Es ist einerseits ein Schaltungsbuch mit vielen konkreten Projekten. Vor allem soll es aber die Grundlagen und Anregungen liefern, um eigene Projekte mit eigenen Ideen umzusetzen. Es gibt viele (Hobby-) Elektroniker, die sich noch nie mit Programmierung beschäftigt haben, und sich daher bislang noch nicht ans Thema Arduino getraut haben. Ebenso gibt es viele, die am PC mit C+, C++ oder anderen Programmiersprachen arbeiten, sich aber mit Elektronik nicht auskennen, und ich denke, beiden Gruppen hat das Buch auf seinen 331 Seiten viel zu bieten.

Arduino & Co
Arduino & Co - Messen, Schalten und Tüfteln




Warum haben Sie gerade den ATmega328 für dieses Buch gewählt, und warum bevorzugt das Arduino Pro Mini Board, und nicht etwa das Arduino UNO-Board?

 

Arduino Pro mini
Arduino Pro Mini

Ich realisiere gerne Projekte, die dann auch aufgebaut bleiben, und da empfiehlt sich der kleine günstige Pro Mini. Das ist etwas anderes, als wenn man mit einem Breadboard und Jumper-Kabel eine Schaltung zusammensteckt, und am nächsten Tag wieder etwas anderes damit aufbaut. In dem Fall würde ich auch eher den UNO verwenden, den ich im Buch ja ebenfalls kurz vorstelle, genauso wie das LilyPad, das sich vor allem für batteriebetriebene Geräte eignet. Der Pro Mini ist somit quasi nur ein Vorschlag, weil es das günstigste Board ist. Es geht aber in erster Linie um den Mikrocontroller ATmega328 und den fast identischen ATmega168 mit weniger Speicher, der für kleine Programme oft ausreicht. Welches Board man dann letztlich verwendet, ist egal.

Oft sehe ich auch, wie manche mit größeren Arduinos – oder sogar einem „Raspberry Pi“ – einfache Projekte machen, wo ich mich frage: Warum nehmen die nicht einfach den Pro Mini? Meistens reicht der nämlich völlig aus.

Ich habe z.B. mit einem Pro Mini schon einen 8-Kanal Audio-Spectrum-Analyzer mit 8 × 8 RGB-LED-Feldern realisiert, der in Echtzeit ein Soundsignal einliest, analysiert und die ganzen LED-Farben aller 64 Felder (Zeile für Zeile) hundert mal pro Sekunde in ein Schieberegister taktet. Das ist scheinbar ein Ding der Unmöglichkeit, weil alleine schon das auslesen des Analogsignals eigentlich doppelt so viel Zeit benötigt, als man zur Verfügung hat, aber mit einigen Tricks und Kniffen geht das tatsächlich auch mit einem Pro Mini.

Arduino & Co Project
8-Kanal Audio-Spectrum-Analyzer mit 8 × 8 RGB-LED-Feldern

Meine günstigsten Pro Minis hab’ ich aus China mal für 1,03 Euro pro Stück gekauft. Das war Ende 2017, aber diese Zeiten sind leider vorbei. Trotzdem ist der Pro Mini immer noch so ziemlich das günstigste Board und für die meisten Anwendungen völlig ausreichend. Deshalb verwende ich ihn so gerne.

Eines der Dinge, die ich in diesem Buch sehr einzigartig fand, war Kapitel 4, in dem Sie den Aufbau von Schaltkreisen mit der sogenannten „Reißnagel-Technik“ beschreiben - eine so einfache, aber zeitsparende und elegante Art, schnelle Schaltkreise aufzubauen, die mir vorher noch nie begegnet war. Woher haben Sie die Idee dazu?

Ich hab’ das ja nicht erfunden. Schon in den 80er-Jahren hab’ ich an Schulprojekten teilgenommen, wo wir einfache Transistorschaltungen so aufgebaut haben. Neu ist vielleicht die Idee, dass ich exakte Pläne zur Verfügung stelle, die man in Originalgröße ausdrucken und auf das Brettchen legen kann, bevor man die Reißnägel (alle exakt platziert) eindrückt. So kann man die Schaltung direkt auf dem Bestückungsplan aufbauen.

Reissnagel.jpg
Reißnagel aufbau

Dazu hat mich vielleicht sogar ein Elektronik-Baukasten inspiriert, den ich in den 70er-Jahren als Kind geschenkt bekam. Da hatte der Aufbau zwar nichts mit Reißnägeln zu tun, sondern wurde durch Feder-Kontakte realisiert, aber auch bei diesen Baukästen (Marke Philips) wurde zuerst der Bestückungsplan auf die Grundplatte gelegt und darauf dann die Schaltung aufgebaut.

Lustig finde ich rückblickend, dass im vergangenen Jahr – als ich das Buch geschrieben habe – und ich die Reißnagel-Technik vorschlug, der Verlag zuerst überhaupt nicht davon angetan war. Man befürchtete, das Buch könnte etwas „altbacken“ wirken. Inzwischen findet’s aber jeder toll. Und für die Akku-Ladestation gibt’s ja alternativ auch eine Platine.

Wie lange schreiben Sie schon veröffentlichte Bücher?

Seit den 90er-Jahren. In meinem ersten Buch Audio-Schaltungstechnik (ebenfalls im Elektor Verlag) geht es um die analoge Verarbeitung von Audio-Signalen – da ist alles drin, vom Vorverstärker, über allerlei Filter und Equalizer bis hin zum Mischpult. Es wurde damals in mehrere Sprachen übersetzt, ist heute aber nur noch als E-Book erhältlich.

Mein zweites Buch hieß „Die verrücktesten Elektronik-Schaltungen“. Da ging es um ungewöhnliche Ideen im Bereich der analogen Elektronik – z.B. allerlei Scherz-Schaltungen, um anderen einen Streich zu spielen, und wie man Licht hörbar macht oder Sprache verfremdet, bis hin zum „negativen Widerstand.“ Auch das ist längst ausverkauft.

Sie haben sowohl Bücher über analoge (Audio-) Elektronik als auch über digitale (Mikrocontroller) Themen geschrieben. Wie kam es dazu, dass Sie sich für diese beiden unterschiedlichen Bereiche interessierten?

Ich habe mich schon immer für beides interessiert. Als Kind habe ich – noch im Kindergarten-Alter – mit Lego-Bausteinen, Batterie und einem Lämpchen ein Häuschen gebaut, bei dem man das Licht anschalten konnte. Aber auch Roboter und Computer waren damals für mich ein ganz spannendes Thema, auch wenn ich noch keine Ahnung davon hatte. Mit 9 bekam ich dann meinen ersten Elektronik-Baukasten zu Weihnachten, mit dem man z.B. mit drei Transistoren und einigen weiteren Bauteilen ein Radio bauen konnte.

Als es später an meiner Schule zwei Computer gab, belegte ich gleich einen Kurs und lernte programmieren in „BASIC“ und „Assembler“. (Computer-AG nannte sich das.) Das muss so im Jahr 1981 oder 82 gewesen sein. Ein Jahr später kaufte ich mir dann den Sinclair ZX81, einen sehr primitiven Home-Computer mit 1 Kilobyte RAM – wiederum ein Jahr später den C64, den ich damals schon wie einen Arduino benutzt habe. Der sog. „Userport“ des C64 stellte nämlich Ein- und Ausgangsleitungen zur Verfügung, die man frei programmieren konnte.

Was haben Sie denn damals mit dem C64 alles gebastelt?

Mit den Ein- und Ausgängen des Userports habe ich alles möglich gemacht, bis hin zu einem einfachen Geldspielautomat, mit dem ich von meinen Mitschülern etwas Geld eingenommen habe.

An einem „Commodore 1520 Plotter“ habe ich den Schreibstift durch eine Reflexlichtschranke (mit sehr kleiner Öffnung) ersetzt und so daraus einen primitiven Scanner gebaut. Ein Scann-Vorgang konnte dabei einen halben Tag dauern.

Im C64 hab’ ich einen Turbo-Schalter eingebaut, der die PLL-Regelung der Taktfrequenz außer Kraft gesetzt hat. So arbeitete der Prozessor viel schneller, und ich konnte lange Berechnungen mit fast der doppelten Geschwindigkeit ausführen. Außerdem hab ich mit dem Sound-Chip des C64 einen Trick entdeckt, wie ich (über schnelle Änderungen der Lautstärke-Einstellung von 0 bis 15) einfache gesampelte Sounds wiedergeben konnte.

Das war sicherlich eine magische Zeit für die Kinder dieser Ära mit dem ZX81 und dem Commodore 64. Haben Sie noch eine dieser Maschinen?

Ja, ich habe tatsächlich beide noch, auch wenn sie mittlerweile seit Jahrzehnten unberührt in einem Schrank stehen. (Das liegt u.a. auch daran, dass ich heute erst mal einen passenden TV-Adapter bräuchte, und dass die alten Disketten größtenteils wohl auch gar nicht mehr lesbar wären.)

Mit welchen anderen Mikroprozessoren haben Sie zwischen dieser frühen Z80 / 6502-Einführung und Ihrem letzten Buch über den ATmega328P-basierten Arduino Pro Mini gearbeitet?

Als es die ersten PCs gab (damals noch mit MS DOS) hab ich oft in GW-Basic programmiert, später vor allem Internet-Seiten mit Java-Script und PHP – also nichts, das man einem speziellen Prozessor zuordnen kann. Meine ersten Arduino-Projekte waren dann mit dem Leonardo (ATmega32U4 Mikrocontroller). Ich bin dann aber schnell auf den Pro Mini mit dem ATmega328P umgestiegen, da man die USB-Schnittstelle üblicherweise nicht benötigt (bzw. nur zum Programmieren, was man ja auch mittels USB-Adapter machen kann).

Wenn Sie ein nützliches Gerät im Angebot sehen, z. B. ein cleveres Batterieladegerät, ist dann Ihr erster Gedanke, dass Sie es lieber selbst entwerfen und bauen könnten (wie Sie es im Buch getan haben)?

Oh ja! Da fällt mir dann oft auch ganz viel ein, was man besser machen könnte. Mein zweiter Gedanke ist dann aber, wie viel Zeit ich dafür investieren müsste – oft nur für ein simples Gerät das es doch für wenige Euro schon zu kaufen gibt – so dass ich’s dann meistens doch nicht mache.

Und wie viele Ihrer Projekte liegen jetzt nicht in einer Schublade, sondern sind tatsächlich mit Strom versorgt und laufen überall in Ihrem Haus?

Einige! Z.B. die „Wochen-Uhr“, die ringsum nicht von 1 bis 12, sondern mit „Montag“ bis „Sonntag“ beschriftet ist. Die kommt mit einem einzigen Zeiger aus – liefert aber neben der (groben) Uhrzeit auch immer den aktuellen Wochentag. Dank des Arduino-„Sleep-Modus“ muss ich sie nur alle drei Jahre aufladen.

Wochenuhr.jpg
Wochenuhr

Vor einigen Jahren habe ich mit Schrittmotoren und Gewindestangen ein CNC-Gerät gebaut, das mittels Laser dünne Holzplatten schneiden kann. Beschriftungen können sogar mit Graustufen eingebrannt werden, so dass ich sogar Fotos auf Oberflächen brennen kann. Das funktioniert, indem das Gerät mehrere tausend mal pro Sekunde die Helligkeit misst (also wie viel Licht vom Laserstrahl reflektiert wird). So weiß das Gerät immer wie stark schon gebrannt ist und kann die Laserstärke ständig nachregeln. Auch in Z-Richtung (auf und ab) ist der Laser steuerbar, und ein Autofokus-Programm tastet mit kurzen Lichtblitzen die Oberfläche in verschiedenen Abständen ab, misst dabei Kontrast-Änderungen und somit die Schärfe fürs anschließende Brennen. Das alles steuert übrigens auch ein Pro Mini.

Wir müssen wissen, was es mit diesem „selbstwechselnden Klopapierfilter“ auf sich hat, auf den Sie auch auf der Rückseite Ihres Buches anspielen. Welches Problem wurde damit gelöst, das vorher nicht gelöst war?

Ja, so ein Laser-CNC-Gerät produziert natürlich ‘ne Menge Rauch, der dann aufsteigt, die Laser-Linse trübt, und sich in der Wohnung verteilt. Also habe ich eine Absaugung gebaut, die den Rauch durch einen Schlauch direkt am Laser einzieht und über einen weiteren Schlauch aus dem Fenster bläst. Da war nur das Problem, dass das Gebläse (so eine Art Mini-Staubsauger) recht schnell durch die Rauchpartikel verdreckt war und kaputt ging. Also musste ein Filter davor. Da gibt es hochwertige Filtervliese (ähnlich, wie in Atemmasken), die dann aber oft gewechselt werden müssen und auch nicht billig sind, obwohl Klopapier fast genauso gute Dienste leistet.

Meine Lösung war dann schließlich das „sich selbst wechselnde Klopapierfilter“, eine Konstruktion mit 2 Rollen Klopapier, das als Filter 2-fach übereinanderliegt, und automatisch einige Zentimeter weitertransportiert wird, immer wenn es verbraucht ist (also wenn es schon zu viele Rauchpartikel aufgenommen hat). Auch diese Steuerung erfolgt mit einem Pro Mini, der ganz simpel anhand des Stromverbrauchs (des Gebläses) den Zustand des Filters ermittelt.

filter.jpg
Klopapierfilter

Hinter den großen Löchern verbirgt sich jeweils eine Rolle Klopapier. Die Pfeile an den Kreisen deuten an, wie das Papier verläuft. Optional wäre ganz rechts noch eine dritte Rolle verwendbar. Die ganze Holz-Konstruktion wurde mit dem Lasergerät geschnitten.

Wie ich höre, haben Sie auch einen Magneten, der in Ihrem Büro „schwebt.“ Ist das das skurrilste Projekt von Ihnen, oder gibt es noch andere, die die Leute dazu bringen, einen zweiten Blick darauf zu werfen?

Ich weiß nicht, ob das nun das skurrilste ist. Da gibt’s noch so viel, aber das soll ja ein Interview sein und nicht zum Buchprojekt ausarten. ;-)

Beim schwebende Magnet, dem sogenannten „Levitron“ schwebt ein Magnet unter einer Spule, deren Strom immer so geregelt wird, dass der Magnet weder höher kommt, noch runter fällt. Ein Magnet-Sensor ermittelt dabei immer exakt die aktuelle Position des Magneten. In der Grundversion ist aber der Stromverbrauch recht hoch und nur ein geringer Abstand zur Spule möglich, weil diese sonst noch stärker anziehen müsste und noch mehr Strom bräuchte.

In meiner Version habe ich zusätzlich einen starken Dauermagnet über der Spule verbaut, so dass in der Schwebe-Position dessen Anziehungskraft exakt der Schwerkraft des schwebenden Magneten entspricht. Einen Millimeter tiefer würde der Magnet sofort runterfallen – einen Millimeter höher würde er sofort hochschnellen an den oberen Magnet. Auch ohne die Spule würde das eine oder das andere innerhalb von Sekundenbruchteilen geschehen. Die Spule kann aber mittels H-Brücke in beide Richtungen angesteuert werden, also den schwebenden Magnet anziehen oder abstoßen. Die Regelung erfolgt mehrere tausend mal pro Sekunde, so dass nur sehr geringe Korrekturkräfte nötig sind. So verbraucht die Schaltung nur sehr wenig Strom und läuft komplett lautlos, obwohl der Magnet mit einigen Zentimetern Entfernung recht weit weg von der Spule schwebt.

Levitron.jpg
Levitron

Die Spule und der zweite Magnet sind im oberen Holzbalken verbaut.

Haben Sie angesichts der erfolgreichen Veröffentlichung Ihres Buches in deutscher und englischer Sprache (sowie einer bevorstehenden überarbeiteten deutschen Ausgabe) Pläne, weiteres interessantes Material zu veröffentlichen?

Nein, wobei es aber nicht an Ideen mangelt. Ich bin nur leider schon gesundheitlich etwas angeschlagen, so dass ich in erster Linie froh bin, dass ich dieses Buchprojekt im letzten Jahr noch so gut umsetzen konnte. Dieses Jahr habe ich an der englischen Übersetzung etwas mitgeholfen, hab da auch wieder das Layout gemacht, und dabei auch die deutsche Version hier und da noch optimiert. Die aktualisierte deutsche Ausgabe kann inzwischen auf der Elektor-Seite bestellt werden, und ich wünsche allen Lesern viel Spaß damit. Mit einem weiteren Buch von mir sollte man aber eher nicht rechnen.