Forscher der niederländischen Stiftung FOM, der Universität von Amsterdam und des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden haben den primären Pfad identifiziert, den Elektronen in Tunnel-Experimenten bei Hochtemperatur-Supraleitern folgen. Bei solchen Experimenten springen Elektronen über sehr dünne Spitzen zur supraleitenden Oberfläche. Welchem Weg die Elektronen dabei folgen ist relevant für die Interpretation der elektronischen Struktur bei der Untersuchung von Supraleitern. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden kürzlich in den Physical Review Letters veröffentlicht.
 
Bei der STM-Technik (Scanning Tunneling Microscopy) wird eine leitende dünne Nadelspitze, die in einem einzigen Atom endet, fast bis auf die zu untersuchende Oberfläche angenähert. Obwohl es dabei keinen physischen Kontakt zwischen Nadelspitze und Oberfläche gibt, fließt bei einer Spannungsdifferenz doch auf Grund des quantenmechanischen Tunnel-Effekts ein Strom. Durch die Messung des Stroms als Funktion der Spannung erhält man Informationen über die elektronische Struktur der Oberfläche mit einer ultrafeinen Auflösung von einem Atom.
 
In Dresden wurde das Verfahren an einem Supraleiter aus dem Metallsulfid Löllingit mit einer STM-Nadelspitze aus Platin durchgeführt. Dabei wurde der Tunnel-Strom und der Pfad der Elektronen durch die Oberflächenlagen gemessen.
Der am meisten zum Stromfluss beitragende Pfad scheint dabei über die Barium-Atome in der obersten Oberflächenschicht zu gehen. Dies wird aus dem Fakt geschlossen, dass die elektronische Struktur zum großen Teil durch eben diese Barium-Atome bestimmt wird. Die Forscher in Amsterdam konnten diese Ergebnisse experimentell bei analogen Untersuchungen an BaFe2As2-Kristallen bestätigen.
 
Die gewonnenen Resultate tragen mit zur weiteren Erforschung der intrinsischen Eigenschaften der Hochtemperatur-Supraleitung bei, die man so von anderen Effekten unterscheiden kann.