Mit dem conga-JC370 erweitert congatec seine Produktpalette um einen 3,5"-Single-Board-Computer. Der Chip aus der 8. Generation der U-Serie von Intel (Whiskey Lake) bietet eine Leistungssteigerung um bis zu 40% bei Multithread-Anwendungen im Vergleich zu früheren Prozessoren aus der 7. Generation der U-Serie (Kaby Lake).
 

In der Mitte ist Intels Whiskey-Lake-SoC platziert. Bild: congatec.

Abmessungen und Gewicht

Das 3,5"-Format liegt irgendwo zwischen Pico-ITX und Mini-ITX und füllt so eine Lücke im Katalog von congatec. Seine Abmessungen sind mit 146 x 102 mm (5,75 x 4,02") identisch mit denen einer 3,5"-Festplatte.
 
Auch das Gewicht kann für embedded Systeme wichtig sein. Unser Testboard wiegt mit aktivem Kühler nur 550 g – das nackte Board (ohne SSD und RAM) hingegen nur 150 g.
 
Ähnlich leistungsfähig wie das conga-JC370-Board, aber mit anderen Formfaktoren sind das conga-TC370 (COM Express Type 6 Compact) und das conga-IC370 (Thin Mini-ITX).
 

 

SoC, Chipsatz und Speicher

Wie schon erwähnt, basiert das Modell conga-JC370 auf der 8. Generation von Intels U-Serie. Aktuell ist das Board in vier Versionen erhältlich:

  • conga-JC370/i7-8665UE (PN 054001) - i7-8665UE, Quad Core, 8 Threads;
  • conga-JC370/i5-8365UE (PN 054002) - i5-8365UE, Quad Core, 8 Threads;
  • conga-JC370/i3-8145UE (PN 054003) - i3-8145UE, Dual Core, 4 Threads;
  • conga-JC370/4305UE (PN 054005) - Celeron 4305UE, Dual Core, 4 Threads.

Dieser Artikel dreht sich um das mit einem i5-8365UE ausgestattete Board.
Die Zahl 370 im Namen der Boards bezieht sich auf den passenden Intel-Chipsatz der 370er Serie. Der Chipsatz verbindet den Prozessor mit der Peripherie und den Anschlüssen auf der Karte (außer der Grafik).

Zwei Sockel bieten Platz für bis zu zwei zweikanalige 32-GB-SO-DIMMs des Typs DDR4 2400. Unser Testboard läuft schon mit nur 4 GB RAM flott genug für den einfachen Desktop-Einsatz. Massenspeicher in Form einer Festplatte oder einer SSD kann entweder per SATA-3.0 oder PCIe M.2-Steckplatz (Typ M, Format 2280) bestückt werden. Durch die Verwendung der vier PCIe-Lines des M.2-Steckplatzes wird eine Bandbreite von bis zu 32 Gb/s geboten.

Grafik- und Display-Optionen

TDer Whiskey-Lake-SoC hat eine GPU des Typs UHD-610/620 (9. Generation) integriert. Diese GPU unterstützt bis zu drei unabhängige Displays und hat eine maximale Auflösung von 4096 × 2304 Pixel bei 60 Hz.
 
Der UHD-610/620-GPU ist hauptsächlich für Computer mit geringer Grafik-Perfomace gedacht. Da diese GPU über kein eigenes, dezidiertes RAM verfügt, dürfte klar sein, dass sie eher für Büro-Anwendungen konzipiert ist. Für nicht allzu anspruchsvolle Spiele und Grafikprogramme genügt sie allerdings ebenso.
 
Das Board verfügt über einen DisplayPort-Anschluss (oder optional HDMI) auf der Frontseite. Ein (zweites) Display kann via USB-C angeschlossen werden, der es sogar mit Strom versorgen kann, so dass (ein kleineres Display) nur ein einziges Kabel benötigt.
 
LCDs etc. können auch direkt via zweikanaligem 24-bit-LVDS angeschlossen werden (optional ist ein integrierter DisplayPort oder eDP erhältlich). Zusätzlich kann über einen externen Adapter auf der anderen Seite der Platine ein zweiter LVDS-Port hinzugefügt werden, der jedoch nicht standardmäßig bestückt ist.
 
Der Typ conga-JC370 unterstützt Displays mit einem EDID-1.3-basierten EPI (Embedded Panel Interface). Da solche Displays in vielen Varianten erhältlich sind, müssen sie noch im BIOS konfiguriert werden. Mit dem System Utility von congatec kann man dies komfortabel erledigen. Da wir einfach einen Monitor an den DisplayPort angeschlossen haben, enntfiel dieser Schritt.

Audio

Die Sound-Möglichkeiten sind vielfältig und von guter Qualität. Beim conga-JC370 ist ein HDA-Chip (High Definition Audio) von Realtek in Form des Audio Codecs ALC888S-VD implementiert. Dieses IC unterstützt 7.1-Kanal-Soundwiedergabe und multiples Streaming. Ein digitaler Audio-Eeingang ist ebenfalls vorhanden. Zwei Header auf der linken Seite des Boards stellen die Sound-Ein- und -ausgänge zur Verfügung.

5 x USB

Auf der Frontseite des conga-JC370 befinden sich drei USB-Ports, davon zwei als Dual Typ A und der dritte als Typ C. All diese Ports unterstützen USB 3.1 Gen. 2 (SuperSpeed+ 10 Gbit/s). Wie schon erwähnt, kann der USB-C-Anschluss auch als Display-Anschluss zur kompletten Versorgung (Signal + Power) von Displays verwendet werden.

Ein Erweiterungs-Header auf der Platine ermöglicht den Anschluss von zwei weiteren USB-2.0-Ports.

Gigabit-Ethernet

Auf der Frontseite stehen zwei RJ45-Ethernet-Ports zur Verfügung. Obwohl sie identisch aussehen, sind sie das nnicht. Der linke ist vorbereitet fürTSN (Time-Sensitive Networking), geeignet z.B. für Echtzeit-Industrie-Steuerungen oder Medien-Streaming-Anwendungen. Der rechte Port unterstützt Intels AMT (Active Management Technology) zur Fernverwaltung eines Computers, ohne dass ein Betriebssystem auf dem Zielrechner ausgeführt werden muss.

 

Viele Anschlüsse auf dem 3,5"-conga-JC370-Board.

Funkverbindungen optional

Erweiterungssteckplätze in Form von PCIe-Steckplätzen ermöglichen den Einbau von WLAN und anderen Funkmodulen oder SSDs und anderen Peripheriegeräten. Dazu stehen drei Steckplätze vom Typ M.2 (B, E und M) zur Verfügung. Ein vollwertiger/halber MiniPCIe-Kartensteckplatz in Verbindung mit einem Mikro-SIM-Kartensteckplatz ermöglicht z.B. die Implementierung von Mobilfunk.

Serielle Kommunikation

Neben den gängigen PC-Steckverbindern und Erweiterungs-Ports verfügt das Board auch über einige serielle Schnittstellen, die sich für Embedded-Anwendungen eignen. Sehr gut sichtbar, da sich auf der Frontseite der klobige DE9-Sub-D-Stecker befindet, ist die zu RS-232/422/485 kompatible serielle Port. Drei weitere COM-Ports (RS-232) sind auf separaten Headern verfügbar. I2C/SM-Busse werden auf einem weiteren Stecker herausgeführt, während die Rückseite der Platine Platz für einen CAN-Bus bietet (optional).

Board-Controller, API und Python

Mit Ausnahme der RS-232/422/485-Schnittstelle, die an den LPC-Bus (Low Pin Count) des Kerns angeschlossen wird, verwaltet ein proprietärer Board-Controller von congatec alle anderen seriellen Schnittstellen. Dieses Subsystem stellt auch bis zu 16 universell einsetzbare GPIO-Ports zur Verfügung, an die man LEDs sowie den Reset- und Power-On/Off-Taster anschließen kann (typisch für Frontplatten, doch sie befinden sich auf der Rückseite des Boards).

Die Steuerung dieser Pins und Busse wurde durch das CGOS-API (ConGatec Operating System) sehr einfach gestaltet. Nach der Installation eines Treibers oder einer Bibliothek sind die congatec-spezifischen Board-Funktionen über CLR (Common Language Runtime) .NET Framework-Sprachen wie C#, Visual Basic, J# und Managed C++ zugänglich. Darüber hinaus bietet das Python-Paket CgosPy ctypes Wrapper-Funktionen zur Verwendung der CGOS-API mit Python.

Das API ermöglicht nicht nur den Zugriff auf Pins und Ports, sondern sie kann auch abgefragt werden, um Informationen über z.B. Video- und Speicherperipherie zu erhalten.

Stromversorgung und TDP

Ein conga-JC370-Board benötigt eine Gleichspannungsversorgung mit 12 bis 24 V, die an einen vierfachen Mini-Fit Jr. ATX/BTX-Stecker angeschlossen wird. Der Energiebedarf ist nicht angegeben, doch laut unseren Messungen liegt er bei etwa 12 W (direkt nach dem Booten, Windows-10-Desktop).
Der geringe Energiebedarf des SoCs ist auch durch seinen niedrige TDP (Thermal Design Power) von nur 15 W erklärlich, der sogar eine passive Kühlung ermöglicht. Für Low-Power-Anwendungen lässt sich die TDP auf 10 W senken. Wenn hohe Leistung benötigt wird und damit der Energiebedarf steigt (max. 25 W TDP), bietet congatec aktive Kühllösungen mit integriertem Lüfter. Unser Testboard war damit bestückt.
 

Kühlen in Orange

Beachten Sie, dass der Betriebstemperaturbereich des Boards mit 0 bis 60 °C aufgrund von Einschränkungen der CPU nicht so breit ist wie der eines typischen congatec SBC (˗40 bis +85 °C).

Unterstützte Betriebssysteme

Ab der 7. Generatin (Kaby Lake) wurde die offizielle Treiberunterstützung für alte Versionen vor Windows 10 eingestellt. Da ein conga-JC370 auf der 8. Generation basiert, ist das Board nur mit der 64-bit-Version von Windows 10 und Windows 10 IoT Enterprise kompatibel. Linux 5.x und Real Time Systems Hypervisor sind weitere Betriebssystemoptionen. Yocto Images sind auf Anfrage erhältlich.

Sicherheit

System- und Datensicherheit sind nicht nur für Desktop-Computer, sondern auch für embedded IoT-Boards wichtig. Beim conga-JC370 gibt es mehrere Sicherheitsfunktionen, die der Anwendungsentwickler nutzen kann (oder auch nicht):

  • TPM 2.0 (Trusted Platform Module) - ein Kryptoprozessor von Infineon ermöglicht die sichere Ablage kritischer Daten wie Passwörter, Zertifikate und Verschlüsselungscodes;
  • Secure Root of Trust - eine im Intel-Core integrierte Logik schützt Software und kryptografische Schlüssel mit einer ID, die nicht von der Hardware getrennt werden kann;
  • SME (Secure Memory Encryption) und SEV (Secure Encrypted Virtualization) - SME und SEV sind von AMD entwickelte Technologien. Auf Intel-Plattformen spricht man eher von SGX (Software Guard eXtensions). Sie sollen den Speicher auf verschiedenen Ebenen durch Verschlüsselung und Zugriffskontrolle schützen.

Watchdog

Ein Watchdog ist nicht wirklich ein Sicherheitsmerkmal im Sinne der Verhinderung von Malware-Angriffen, aber er ermöglicht es einem System, nach einem Crash oder einem anderen Problem (möglicherweise aufgrund eines Angriffs oder einer Fehlfunktion) einen kontrollierten Neustart. Der Board-Controller des conga-JC370 verfügt über einen Watchdog, der das System neu starten kann, falls eine solche Situation eintritt. Als Teil des Board Controllers bietet die CGOS-API Zugriff darauf.

Und wie schlägt sich das conga-JC370-Board?

Es ist schwierig, verlässliche Aussagen zur Leistung eines SBC im Allgemeinen zu treffen, da solche Boards mit unterschiedlichen CPUs und Speichergrößen ausgestattet sein können. Unser Testboard mit seinem i5-8365UE hat sich trotz nur 4 GB RAM unter Windows 10 Pro im UserBenchmark ziemlich gut geschlagen, wo es das 85. Perzentil erreichte (Platz 15 von 100, gemittelt über die Ergebnisse von Tausenden anderer Computer). Die CPU selbst erreichte einen Wert von 73,1%, was ebenfalls nicht schlecht ist. Berücksichtigt man auch den Energieverbrauch, dann leistet die CPU mit ihrem TDP von 15 W sehr gute Dienste.
 

Resultate des conga-JC370 im UserBenchmark. Beim Vergleich des conga-JC370 mit anderen Boards ist zu beachten, dass das Exemplar von congatec im Durchschnitt nur etwa 15 W verbraucht. 

Wie erwartet, ist die Grafikleistung weniger beeindruckend. Andererseits verbraucht der conga-JC370 nur 15 W. Denken Sie daher bei der Interpretation der Ergebnisse daran, dass bei dieser Art von Benchmarks auch mit dedizierten 3D-Gamer-Grafikarten verglichen wird, die sehr viel mehr Energie verbrauchen.
 

Ergebnisse des Belastungstests nach fast einer Stunde Betrieb unter Volllast. Beachten Sie die durchschnittliche Leistungsaufnahme von weniger als 15 W. Die CPU-Temperatur bleibt dank des aktiven Kühlers auf unserem Testboard niedrig. 

conga-JC370 - ideal für embedded Anwendungen

Der 3,5"-SBC conga-JC370 JUKE ist eine komplette und flexible Computerplattform für den allgemeinen industriellen Einsatz. Mit seiner großen Auswahl an Standard- und Erweiterungs-Ports eignet er sich für viele Anwendungen. Einfach zu bedienende GPIO-Pins und I2C-Ports machen die Steuerung kundenspezifischer Hardware zum Kinderspiel. Obwohl standardmäßig keine Funk-Schnittstellen implementiert sind, sind sie bei Bedarf einfach über interne PCIe-Schnittstellen oder externe USB-Zusatzmodul hinzuzufügen.

In Bezug auf die Benchmark-Ergebnisse kann man zu Recht sagen, dass conga-JC370-Boards eine gute Wahl für generische embedded Anwendungen in den Bereichen Automatisierung, Medizin, Transport und sogar (einfachere) Spiele ist. Mit seiner TDP von nur 15 W eignet sich das Board hervorragend für industrielle Computeranwendungen und Grafikaufgaben, bei denen ein geringer Stromverbrauch wichtig ist.

Benutzer, die eine ähnliche Rechenleistung bei anderem Formfaktor benötigen, haben mit den Modellen conga-TC370 (COM Express Typ 6 Compact) oder conga-IC370 (Thin Mini-ITX) weitere Auswahlmöglichkeiten.