Das menschliche Ohr ist auf Dur gestimmt. Hört es die zwei oberen Töne eines Dur-Dreiklangs, erzeugt es den dritten, tiefsten Ton selbst. Dieses Phänomen nennt sich Distorsionsprodukt-otoakustische Emission (OAE). Sind die Haarzellen im Innenohr gesund, werden sie durch die zwei zueinander passenden Töne angeregt, mit einer dritten Frequenz zu schwingen. Der Witz ist, dass dieser tiefere Ton außen am Ohr mit einem empfindlichen Mikrofon gemessen werden kann. Auf diese Weise lässt sich schon bei Neugeborenen objektiv feststellen, ob das Gehör intakt ist. Es ist sehr wichtig, dass eine Schwerhörigkeit schnell erkannt wird, weil die ersten Lebensjahre für die Entwicklung der Kommunikations- und Lernfähigkeit entscheidend sind.

 

Bisher nahm man für einen solchen Hörtest zwei winzige Lautsprecher, die jeweils einen Ton ins Ohr abgeben, plus ein Miniaturmikrofon, das den dritten Ton aufzeichnet. Bleibt dieser aus, dann haben die Ärzte einen Hinweis darauf, dass etwas nicht stimmt.
Doch trotz gesundem Ohr kann der dritte Ton fehlen, wenn z.B. stehende Wellen im Gehörgang auftreten. Auch ein Schaden am Mittelohr, der die Weiterleitung der Töne an die Sinneszellen im Innenohr verhindert, kann die Ursache sein. Dann wird der Schaden am falschen Ort vermutet. Außerdem können die beiden Töne nicht sauber genug eingestellt sein.

 

Der Forscher Makram Zebian hat im Rahmen seiner Promotion mit seinen Kollegen in einem DFG-Projekt an der PTB (Physikalisch-Technische Bundesanstalt) Alternativen zu Lautsprecher-Verfahren untersucht. Sie ließen die beiden Töne direkt per Knochenleitung via Knochenleitungshörer für Hörtests bei erwachsenen Menschen einwirken. Nicht nur bei zwei solchen Knochenleitungshörern funktioniert dies, sondern auch mit einer Kombination eines Knochenleitungshörers mit einem Lautsprecher. Letzteres hätte den Vorteil, dass man nur ein Ohr benötigt, sodass das Baby auf der Seite liegen kann.
Hat man mit Lautsprechern keinen Erfolg, kann das Problem am Mittel- oder am Innenohr liegen. Hat man danach aber mit der Knochenleitungsmethode Erfolg, dann liegt ziemlich sicher ein Problem am Mittel- und nicht etwa am Innenohr vor.

 

Foto: PTB