Nur selten war der Wettbewerb zwischen Intelligenz und Dummheit so extrem wie zu Beginn des Jahres 2017. Während die Intelligenz sehr natürlich und ansteckend erscheint, bedroht uns die Dummheit wie eine Art Infektion, die sich aber nicht auf Menschen überträgt. So informierte man uns zum Beispiel kürzlich, dass ein bestimmter neuer Rechner, der eine zehntausend Mal höhere Rechengeschwindigkeit als ein Rechner aus dem Jahre anno-dazumal besitzt, gerade gegen die besten Pokerspieler der gesamten Galaxis gewonnen habe.

Diese Effekthascherei, verknüpft mit dem Fall einer der letzten Bastionen der menschlichen Vorherrschaft auf dem Gebiet der listigen Intelligenz lässt mich zwischen Begeisterung und Besorgnis schwankend zurück: Die Maschine siegte dank eines Programms, das sich durch das Spiel selber perfektioniert und verstärkt: reinforcement learning. Hut ab! Und wissen Sie, was auch in diesem Falle letztlich dahinter steckt? Gier und Profit. Es scheint nämlich, dass die Form der Intelligenz, die den Sieg eines Poker-Roboters sichert, auch auf die Sicherheit im Cyberraum und den Krieg angewendet werden kann – zwei weitere „Spiele“, die, genau wie Poker, als „nicht perfekt“ bezeichnet werden könnten.

Big data: Horowitz&Hill, Tietze&Schenk, Pease&Williams&Widlar
Apropos mangelnde Perfektion: In Anbetracht der vielen Zuschriften mit Wünschen und Frustrationen, die wir von unseren Lesern zum Thema „Inhalt von Elektor“ bekommen haben, würde ich mir etwas wünschen, was es bisher noch nicht gab: Eine künstliche Intelligenz, die nur Schaltungen entwirft, die den Lesern gefallen. Ich bin sicher, der Tag ist nicht mehr fern, wo eine Art Super-Computer nach Analyse aller notwendigen Daten die richtigen Schaltungen liefert. Dazu braucht er nichts weiter als „nur“ einige Milliarden von Schaltplänen und Datenblättern, das Ohmsche Gesetz und alle weiteren physikalischen Gesetze, alle Sicherheitsvorschriften und Normen, sehr viele Praxistipps und alle einschlägigen Veröffentlichungen wie zum Beispiel diejenigen von Horowitz&Hill, Tietze&Schenk, Jim Williams, Bob Pease und Bob Widlar, um nur einige zu nennen – und natürlich auch alles, was Elektor je veröffentlicht hat. Wow!

Sie halten dies nicht für möglich? Sie glauben also, dass man zur Entwicklung guter, neuer Schaltungen etwas benötigt, was sich nicht so einfach aus der Analyse und der Anwendung mathematischer Algorithmen auf alle zuvor existierenden Schaltungen ergibt?

Bildmaterial: Die Illustration zeigt den vom ehemaligen, ideenreichen und humorvollen Elektor-Entwickler und -Redakteur Kurt Diedrich entworfenen und nicht ganz ernst zu nehmenden Schaltungs-Schieber, mit dem sich neue Schaltungen durch das simple Aneinanderreihen vorgegebener Funktionsblöcke erstellen lassen.